Rattentanz von Michael Tietz

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Rattentanz von Michael Tietz

Beitragvon Skiddo » 11.07.2010, 15:04

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Rattentanz
Michael Tietz
Ullstein Tb 2010-05-12 Broschiert 837 Seiten

Rückseite des Buches:

23. Mai, 7.00 Uhr: Eva Seger hat die Frühschicht im Krankenhaus angetreten. Sie freut sich darauf, ihrem Mann, der auf einer Geschäftsreise in Schweden ist, von ihrer Schwangerschaft zu erzählen. Doch dazu kommt es nicht: Von einer Sekunde zur anderen bricht das weltweite Stromnetz zusammen. Danach ist nichts mehr wie zuvor. Im heillosen Chaos, zwischen Menschen, die keine Skrupel mehr kennen,
müssen Eva und ihr Mann sich einen Weg bahnen. Für beide geht es ums Überleben - und darum, ihr Zuhause zu erreichen, wo ihre Tochter ganz allein ist...

Bzw Klappentext:

Wellendingen, ein idyllisches Dorf im Südschwarzwald: Eva Seger hat Frühdienst im Krankenhaus des Nachbarorts. Ihr Mann Hans ist beruflich in Schweden, ihre Tochter, die siebenjährige Lea, ist bei Nachbarn. Dass Eva wieder schwanger ist, will sie ihrem Mann erst bei seiner Rückkehr sagen. Eigentlich ist alles in bester Ordnung - bis plötzlich der Strom ausfällt. Die Telefone stehen still, Supermarkttüren öffnen sich nicht mehr, der Verkehr bricht zusammen, Flugzeuge stürzen ab. Der wirksamste Computervirus, der je ersonnen wurde, schleudert die Welt zurück ins Mittelalter. Langsam dämmert der Dorfgemeinschaft, dass der normale Alltag Vergangenheit ist. Jeder ist sich selbst der Nächste; Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit - all diese Werte zählen nichts mehr. Für Eva und Hans Seger beginnt ein Überlebenskampf, auf den sie niemand vorbereitet hat. Alles andere wird unwichtig, es zählt nur noch eins: Sie müssen nach Wellendingen zurück, um ihre Tochter Lea zu retten. Der Weg nach Hause wird zur Reise durch die Hölle...



Eigene Meinung:

Ich bin gerade fertig mit dem Buch. Über 800 Seiten brauchen ihre Zeit und ich bin einschließlich heute 3 Tage wenig ansprechbar für meine Familie gewesen. Und erst heute beim Lesen habe ich mich endlich auch mal freuen können in dem Buch.

Absoulte Endzeitstimmung. Verstörend und zum Nachdenken anregend. So wirkt das Buch auf mich.
Es gab einige Stellen im Buch, die mich wirklich fassungslos machten und an einem Punkt dachte ich: Lieber Herr Tietz, wenn Sie das jetzt wirklich, also wirklich schreiben, sind wir geschiedene Leute. Das ertrage ich nicht. Wenn das da jetzt wirklich steht, lege ich das Buch weg und stufe den Autor einfach als krank und nicht lesbar ein.

Glück gehabt, ganz so hart ist Herr Tietz nun doch nicht mit einem der jungen Nebencharaktere (und auch meinen Nerven) umgegangen.

Inmitten dieses Chaoses, in dem sich nicht nur jeder selbst der Nächste ist, sondern besonders anfangs auch aus purer Lust am Selbstzweck getötet wird, gibt es Menschen, die sich Mitleid und -gefühl für andere nicht versagen und entsprechend handeln.

Anfangs geht es etwas wirr zu im Buch. Ständig werden ohne Zusammenhang neue Menschen und ihre Geschichte vorgestellt und was sie in genau dem Punkt des Stromausfalls getan haben und aktuell tun. Das geht recht weit im Buch. Aber die einzelnen Stränge führen irgendwie immer wieder zu Hans oder Eva. Viele Menschen sterben, es ist unglaublich, wie in dem Buch der Tod herrscht und um sich greift. Ich war irgendwann wirklich schon fast verzeifelt und fragte mich, ob der Autor eigentlich auch irgendwas Positives in dem Buch lassen kann. Ich dachte: Muß denn wirklich jeder in dem Buch sterben :brüll

Mitreißend ist das Buch, definitiv. Wirklich schön fließend zu lesen. Und die Entwicklung der Menschen und Gemeinschaften ist toll. Je größer die Stadt, umso schlimmer die Auswirkung auf die dort lebenden Menschen. Denn - und das steht so nicht in den Beschreibungen, aber ich finde es sehr wichtig - nicht nur der Strom fällt aus. Es gibt auch kein fließendes Wasser mehr. Und der Computervirus hat alles unwiderrufbar zerstört, was irgendwie mit Hilfe von Computern betrieben wurde. Die Ausmaße begriff ich in dem Buch nur langsam. Immer wieder kam es vor, daß ich dachte: Hoppla, stimmt ja, das wird ja auch mit Strom betrieben oder durch Computer gesteuert.
Dörfer, in denen Landwirtschaft noch möglich ist, sind die, die später mehr schlecht als recht, aber eben doch irgendwie überleben. Zumindest stehen ihre Chancen besser. Aber was macht das aus den Menschen?


Es ist ein Buch, über das ich noch eine zeitlang nachdenken werde. So leicht läßt es mich nicht los. Für mich zumindest keine leichte Lektüre. Aber am Schluß bin ich doch ganz glücklich gewesen.

Ich tu mich mit der Bewertung ein wenig schwer, weil es eben kein Friede-Freude-Eierkuchen-Buch ist. Nichts für zarte Gemüter, aber ich denke, wenn jemand noch zarter als ich beseitet wäre, würde dieser das Buch auch sehr schnell wieder aus der Hand legen.

Erstmal kann ich nur sagen, daß es wirklich lesenswert ist.

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Edit:
Ich habe in den AmazonRezis gestöbert und ich musste bei einem Satz so mit dem Kopf nicken:

Auch ich hatte während des Lesens bzw in den Lesepausen immer das Gefühl, ich müsste Nahrungs- und Kerzenvorräte anlegen, mir nochmal verinnerlichen, wie man Brot selbst macht (ein Hermann wäre bestimmt sehr gut, wenn man wüsste wie) und allgemein mich auf den Weltuntergang vorbereiten.

Mein Mann schüttelte mal wieder den Kopf über mich, daß ich mich so mitreißen lasse von einem Buch. Immer wieder machte ich Pausen und musste ihm meine Gedanken über das Buch mitteilen.

:stern
Zuletzt geändert von Skiddo am 11.07.2010, 16:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Mondfrau » 11.07.2010, 15:18

Dankeschön für die Rezi, Skiddo!
Ich kenne jemanden in dem Ort der Handlung und werde das wohl dann zu Weihnachten verschenken. ;)
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Beitragvon mallory » 11.07.2010, 20:44

Mondi, wenn man Freunde wie dich hat... :lach
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Beitragvon mallory » 11.07.2010, 20:47

Übrigens danke für die Rezi, ich habe das Buch nun wieder von meinem WZ genommen, weil es doch nichts für mich ist.
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Beitragvon Mondfrau » 11.07.2010, 20:48

mallory hat geschrieben:Mondi, wenn man Freunde wie dich hat... :lach


Toll, gell? :mrgreen:
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