Babuschkas Töchter von Oksana Robski

mörderische Spannung im Buch

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Babuschkas Töchter von Oksana Robski

Beitragvon Skiddo » 25.08.2009, 20:22

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Babuschkas Töchter
Oksana Robski
Heyne 2006-04-03 Broschiert 319 Seiten


Kurzbeschreibung

Sie ist jung, sie ist reich, schön - und Witwe. Auch wenn ihr Mann sie kurz vor seinem Tod wegen einer anderen verlassen hat, trauert sie ausgiebig mit ihren Freundinnen um ihn, bei Champagner und Mandarinensaft. Zu dumm, dass sie plötzlich die verrückte Idee hatte, den Mörder ihres Mannes ausfindig zu machen. Denn statt auf der teuersten Einkaufsstraße Moskaus zu flanieren, ist sie jetzt auf der Flucht vor Verbrechern...


Klappentext

"BABUSCHKAS TÖCHTER ist die russische Antwort auf Bridget Jones und SEX AND THE CITY."
Vedomosti

"Die Heldin, die den Mord an ihrem Mann rächt - das hat Stil, das ist cool, das ist beinahe Uma Thurman, wie sie auf den Flügeln der Nacht fliegt."
gazeta.ru

"Ungezwungen wie ein Tagebuch, unterhaltsam wie die Klatschspalten einer Illustrierten!"
Glamour


Eigene Meinung

Wieder ein Buch, dessen Kurzbeschreibung nicht ganz mit dem Inhalt übereinstimmt.

Der Name der Witwe fällt mir einfach nicht ein. Ich würde sie gerne mit Namen nennen, aber auch beim Suchen im und am Buch finde ich nichts weiter, als die Bezeichnung "Witwe". So also auch von mir nur "Witwe".

Das Buch beginnt mit der Trennung des Ehepaares. Sie hatte ihn kurz zuvor in einem Restaurant sitzend mit seiner jungen Geliebten getroffen. Nun im ehelichen Schlafzimmer schlägt sie ihm vor, sich zu trennen, was er wortkarg annimmt, ohne ein Wort des Widerspruches.

Nächste Szene, ihr wird am Telefon von der Polizei mitgeteilt, daß ihr Ehemann Serge tot ist. Erschossen. Auch der Chauffeur wurde angeschossen, überlebte, aber schwerverletzt.

Im Laufe des Buches entscheidet sie sich tatsächlich schnell, den Mörder ausfindig machen und ermorden zu lassen, aber vor wem sie auf der Flucht sein soll, erschließt sich mir nicht. Womit dem Krimiaspekt eine Menge genommen wurde.

Das Buch lässt sich für mich auch schlecht katalogisieren. Deshalb bitte ich vorsichtshalber um Entschuldigung für die Rezi im Bereich Ladythriller. Ein normaler LiRo ist es nicht, und trotz der Kurzbeschreibung empfinde ICH die Geschichte nicht als Krimi oder Thriller.

"Geschichte" - oder nicht? Angeblich soll das Buch autobiografisch sein. Denn die Autorin ist selbst eine der russischen oberen 10.000, ihr 2ter Mann wurde ermordet, ihr 3ter wurde von ihr mit einer Blondine erwischt und sie machte sich hinterher selbstständig.

Was nun über 300 Seiten erzählt wurde, ist weniger die Verfolgung und Aufklärung des Mordes, als vielmehr das Leben der Oligarchengattinnen.

Und das stimmt mich nachdenklich und tatsächlich auch traurig.

Diese "Damen" führen ein Leben, das gefühllos und überladen ist. Es gibt beinahe nichts, was sie sich nicht für Geld kaufen (können). Ob kurzentschlossen einen schönheitschirurgischen Eingriff, Kinderfrauen für den Nachwuchs, während sie selbst saufend, koksend und kiffend in Stripteaseläden für Frauen verbringen, ihre Liebhaber auf Parties aushaltend usw.

Doch als Freundinnen würde ich die Damen nicht bezeichnen. Sie lästern übereinander und nutzen sich gegenseitig für Kurzweile aus, ohne sich ansonsten füreinander zu interessieren. Daß der Mann der Witwe eine Geliebte hatte, wie diese hieß und sogar gemeinsame Treffen mit dem "verbotenen Pärchen" - alles normal für die "Freundinnen". Wobei sie aber alle Angst davor haben, selbst einmal von einer jüngeren Golddiggerin ersetzt zu werden.

Unbegründet ist die Angst nicht. Denn das Bild, daß hier von dem Russen an sich, bzw der Russin gezeichnet wird, ist wirklich wirklich unschön.

Es gibt nichts, was nicht für Geld getan wird, bzw gibt es fast nichts, wofür nicht Geld verlangt wird.

Ob Miliz, die käuflich ist, Mitarbeiter, oder sonst wer.

Swetlana, die junge Geliebte, die sich bei der Witwe meldet und Geld fordert, weil sie schwanger ist. Fordert die Zahlung einer Eigentumswohnung von der Witwe und lässt sich mit Kinderkleidung und sonstiger Ausstattung beschenken. Ihre Mutter zieht auch gleich in ihre kleine Mietwohnung mit ein, um beim Baby zu helfen. Aber nachdem das Kind anstrengend wird und die Unterstützung durch die Witwe nicht so direkt greifbar Finanziell ist, haut sie auch schnell wieder ab und lässt ihre vollkommen überforderte Tochter allein. Durch die Witwe wird sie den trauernden Eltern Serges vorgestellt und greift auch hier noch Unterstützung ab - sie zieht dort ein. Ihren nun glücklichen Fast-Schwiegereltern hinterlässt sie ganz fix das Enkelkind, damit sie sich "erholen" kann von ihrem Kind. Naja, von Muttern gelernt ist halt gelernt. Übrigens erfahren Witwe und Leser später, daß das Kind von einem anderen ist.

Oder die Familie des Chauffeurs, die sich nicht ganz entscheiden kann zwischen Hass, weil der Ch. bei Ausübung seiner Arbeit angeschossen wurde und das nun der Witwe angekreidet wird, und Arschkriecherei, weil sie für Pflege, Medikamente und als unausgesprochenen Schuldausgleich Geld von der Witwe fordern.

Allgemein für mich ein trauriges Bild, das hier von dem Land meines Onkels (naja, fast, er kommt aus der Ukraine) gezeichnet wird. Frauen, die für Geld alles tun und sich als gemachte tüchtige Frau sehen und gesehen werden, sobald sie endlich von einem schwanger geworden sind, Oligarchen, die sich Geliebte halten wie andere Leute Hunde und ohne Verhütungsmittel rumpimpern trotz Ehefrau, denn an denen liegt ihnen eh nichts, Korruption und Geldgier an jeder Ecke, allgemeine Gefühlskälte und Egoismus, selbst den eigenen Kindern gegenüber. Echtheit und Liebe scheinen keine Wichtigkeit zu haben und sind anscheinend auch nicht erstrebenswert.

Kriminologisch ist nicht viel aus dem Buch herauszuholen. Die Witwe heuert einen Bekannten an zwecks Ermordung des vermeintlichen Mörders, aber dabei unterläuft allen Beteiligten ein großer Fehler. Der allerdings keine Auswirkung auf irgendwas oder irgendwen hat. Die "Auflösung", also die Entdeckung des tatsächlichen Mörders, findet so plump statt, so nebenbei, daß es fast schon komisch ist.


Vielleicht komme ich mit russischem Denken nicht überein, vielleicht ist mein Humor ein anderer, denn irgendwo habe ich etwas über den Wortwitz der Autorin gelesen, den ich vergeblich suchte, mehr als Durchschnitt ist das Buch nicht für mich. Sympatisch wurde mir leider auch keine der Figuren.

Also 2,5 von 5 Punkten.

Der Schreibstil war flüssig und etwas über die russische Elite zu erfahren war schon interessant, wenn auch klischeebestätigend, aber dieses Buch wird klanglos in meinem Lesegedächnis verschwinden, ohne große Eindrücke hinterlassen zu haben.

:stern
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