Ulrike Schweikert - Das Herz der Nacht

Liebesromane mit phantastischen und/oder mystischen Elementen

Moderatoren: mallory, Mondfrau

Ulrike Schweikert - Das Herz der Nacht

Beitragvon patwelli » 24.10.2009, 14:24

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Das Herz der Nacht
Ulrike Schweikert
Egmont Lyx 2009-10-07 Gebundene Ausgabe 478 Seiten

Inhalt:

In einer verschneiten Wiener Winternacht rettet der geheimnisvolle András Petru Báthory die Fürstin Therese Kinsky vor dem sicheren Tod. Die adlige Dame ist fasziniert von dem jungen Grafen und findet in ihm eine willkommene Ablenkung von ihrer unglücklichen Ehe. Auch Bathory genießt die Gesellschaft der klugen und wortgewandten Fürstin in vollen Zügen und fühlt sich leidenschaftlich zu ihr hingezogen. Doch immer erst nach Sonnenuntergang beehrt er sie mit seiner Gesellschaft, denn Andras ist ein Vampir. Durch die Fürstin lernt er auch die junge Pianistin Karoline Wallberg kennen. Die hochbegabte Musikerin hütet ein tragisches Geheimnis und lebt im Schatten ihres weit weniger talentierten Bruders, da es sich für eine Frau von gutem Stand nicht schickt, öffentlich aufzutreten. Andras erkennt sofort, dass sie etwas Besonderes ist, und bittet sie, ihm das Klavierspiel beizubringen. Aber ihm ist kein unbeschwertes Glück vergönnt. Eine grausame Mordserie erschüttert die Wiener Gesellschaft. Junge Frauen werden mit aufgerissener Kehle aufgefunden. Seltsame Vorfälle häufen sich, Andras findet ein blutiges Messer auf seiner Türschwelle, ein Unbekannter schickt ihm bedrohliche Nachrichten. Und auch die Polizei nimmt seine Fährte auf. Andras ahnt, dass seine eigene Existenz in Gefahr ist, doch er will sich nicht aus Wien vertreiben lassen, wo er nach so vielen Jahren der Einsamkeit wieder lieben gelernt hat. Viel zu spät begreift er, welch perfides Spiel der Mörder mit ihm treibt und dass dieser auch die Menschen, die Andras liebt, in den Strudel des Verderbens reißen will. Quelle: Lyx

Meine Meinung:

Ich bin ja nicht so die Fantasy oder Vampirliebhaberin, aber das ein oder andere Buch haben es mir ja doch schon angedacht. Dieses hier hat mir gut gefallen, es war so richtig schön altmodisch - und mit dem alten Wien und Hamburg auch noch zwei besonders reizvolle Schauplätze.

Hofbälle, Liederabende, Schlittenfahrten und ein zauberhaftes Wien im Winter, das ist der Hauptschauplatz in Ulrike Schweikerts neuem Buch. Sie entführt den Leser in eine Zeit vor Sissi in die österreichische Landeshauptstadt. Franz Joseph ist noch ein Kind und der Bruder von Erzherzogin Sophie ist der amtierende Kaiser. Wie selbstverständlich lebt der Vampir András Petru Báthory inmitten der hochadligen Gesellschaft. Als er die Gräfin Therese Kinsky mit ihrer Kutsche und ihren durchgehenden Pferden rettet, sind beide fasziniert voneinander und ein gefährlicher Tanz beginnt. Die Gräfin ist verheiratet, ihr Mann wildert zwar gerne in fremden Gebieten, kann es aber überhaupt nicht leiden, wenn sich seine Frau seiner Meinung nach nicht richtig verhält. András erkennt das Dilemma der Gräfin und im Rahmen seiner Möglichkeiten verhilft er ihr zu einem erträglicheren Dasein.

Er lernt zudem Karoline Wallberg kennen, die Schwester eines zu der Zeit angesagten jungen Pianisten, die selbstlos ihre eigenen Kompositionen dem Bruder zur Verfügung stellt. Verdammt zu einem Leben im Hintergrund ist die Musik ihre Leidenschaft und András erkennt sofort ihr wahres Talent. Zusammen mit ihrer blinden Tochter Sophie lebt sie bei ihrem Vater und Bruder. Sophie ist mit einer der Hauptcharaktere, obwohl, oder auch gerade weil sie blind ist, sieht sie erheblich mehr als die anderen Menschen. Sie erkennt András sofort an seinem Geruch und mit der Ehrlichkeit eines Kindes spricht sie aus, was andere nicht zu fragen wagen. András und auch sein treuer, stummer Diener Goran schließen das Kind sofort ins Herz, die Kommunikation zwischen Sophie und Goran ist immer wieder erheiternd.

Viele weitere bekannte Namen tauchen immer wieder auf, bekannt aus Künstlerkreisen, Politik oder Militär. Dies verleiht dem Buch eine ungeheuere Authentizität, und bei so manchen Namen freut man sich richtig, ihm zu begegnen.

Ulrike Schweikert schafft es ohne Probleme, durch ihre Sprache den Leser in das hochherrschaftliche Wien zu versetzen. Da die Geschichte hauptsächlich in der Nacht spielt, lässt sie Bilder von Kerzen beleuchteten Räumen, verschneiten Strassen und Landschaften, eisigen Winden und gut gekleideten Herrschaften entstehen, man fühlt sich als Leser mittendrin im Geschehen. Die Sprache ist altmodisch, passend zu der damaligen Zeit, sie rundet das wundervolle Gesamtbild harmonisch ab.

Die Morde sind eher nebensächlich, sie dienen lediglich dazu, ein Komplott gegen András zu schmieden. András wird soweit in die Ecke gedrängt, dass er überstürzt mit Karoline und Sophie nach Hamburg fliehen muss. Hier spielt ein weiterer Strang der Geschichte und Ulrike Schweikert schafft es auch hier problemlos, das alte Hamburg mit den herrschaftlichen Villen in Blankenese und die alte Speicherstadt vor dem inneren Auge darzustellen. Das Finale mündet dann in einem wahrhaft höllischen Inferno, der große Brand in Hamburg im Mai 1842 lässt nicht nur die halbe Stadt in Flammen aufgehen, sondern bildet auch einen furiosen Hintergrund für ein wahrhaft vernichtendes Finale.

Tradition und Klischees Vampire betreffend sind vorherrschend, wie selbstverständlich lebt András mitten unter ihnen. Ulrike Schweikert hat keine neue Vampirwelt geschaffen, sondern erinnert sich an das Altbekannte: ein Sarg und Silber spielen eine große Rolle. Man fühlt sich zurückversetzt in die klassischen Anfänge der Vampirromane, weder mit der Kleidung, noch mit dem Aussehen oder Geschmack wird herumexperimentiert. Und das ist auch gut so.

Als Rike Speemann hat Ulrike Schweikert bereits ihren Vampir Peter von Borgo etabliert. In zwei Büchern - "Der Duft des Blutes" und "Feuer der Rache" - löst er im heutigen Hamburg mit einer Kommissarin Kriminalfälle. Für alle Fans von ihm dürfte dieses Buch ein besonderes Schmankerl sein, zeigt es doch, wie er erschaffen wurde. Schon in diesen beiden Büchern zeigt die Autorin, dass sie ihre Vampire lieber historisch und klassisch erschafft, und auf neumodischen Schnickschnack weitgehend verzichtet.

Das Cover ist klassisch in schwarz und weiß gehalten, der Schutzumschlag erinnert an Büttenpapier und fühlt sich sehr schön in der Hand an. Die Aufmachung passt insgesamt sehr gut zu dem Buch - hier hat Egmont Lyx wieder sehr schön ausgewählt.


Ein klassischer Vampirroman in einem bezaubernden Ambiente - lesenswert und historisch belegt. Bekannte Namen und Orte, eine altmodische Sprache und eine herrschaftliche Gesellschaft mit Prunk und Pomp entführen in eine verzauberte Welt, in der man gerne mit auf dem Schlitten fahren würde. Und für alle, die Peter von Borgo schon kennen, ein Muss, denn hier erfährt man Näheres aus seiner Vergangenheit.


Von mir gibt es deshalb auch gute 4 von 5 Punkten.

:stern
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Beitragvon monalisa » 24.10.2009, 14:26

oh...das wandert direkt auf meinen Wunschzettel :D

Danke für die Rezi !
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Re: Ulrike Schweikert - Das Herz der Nacht

Beitragvon mallory » 20.03.2011, 20:40

Ich habe übrigens die Ausgabe von Weltbild und auch dieses Cover finde ich sehr ansprechend:

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Re: Ulrike Schweikert - Das Herz der Nacht

Beitragvon mallory » 16.08.2011, 17:14

Ich habe das Buch nun auch gelesen und bin etwas zwiespältig. Wie Patty schon schreibt ist der Roman wirklich toll geschrieben, sehr anschaulich und man fühlt sich ins alte Wien bzw. später nach Hamburg versetzt. Vorallem der Kampf um die brennende Stadt ist sehr intensiv geschildert.

Allerdings ist das Buch für mich nicht wirklich ein Liro. Dafür ist András gefühlsmäßig zu wenig engagiert. Die Autorin konnte mich nicht davon überzeugen, dass er nun in Liebe zur Fürstin Kinsky entbrannt ist, eher war es eine freundschaftliche Beziehung, die irgendwann auch zu Sex führte. Doch seine Gefühle für die Fürstin blieben für mich immer etwas lau.
Mit Karoline Wallberg verbindet ihn tatsächlich nur Freundschaft, er hilft ihr, aus ihrem engen Leben zwischen tyrannischem Vater und egoistischem Bruder zu entkommen.
Einzig zu der siebenjährigen Sophie, Karolines unehelicher Tochter, baut er eine intensivere Beziehung auf, doch auch hier erschien er mir seltsam distanziert. Sophie selbst war mir zu altklug, zu seltsam. Und dass der Epilog andeutet zwischen András, nunmehr Peter von Borgo, und Sophie bestehe Jahre später mehr als nur die Beziehung zwischen einem Kind und seinem Onkel, das kam mir vollends ganz eigenartig vor.

Fazit: Der Klappentext schreibt "Eine hochspannende und zutiefst romantische Vampirgeschichte, gepaart mit einem farbenprächtigen Sittengemälde der Wiener Kaiserzeit". Spannend war das Buch und allein für den klangvollen Namen András Petru Báthory liebe ich den Helden. ;) Der Roman ist auch ein "farbenprächtiges Sittengemälde" und damit ein hervorragender historischer Roman. Nur als Liebesroman hat mich die Geschichte nicht überzeugt.

Ich vergebe deshalb leider nur:

3 von 5 :lesen
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