Emilie Richards - Sommer der Entscheidung

Liebesromane unserer Zeit ala Sparks, Ahern, Patterson und Co

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Emilie Richards - Sommer der Entscheidung

Beitragvon patwelli » 10.06.2010, 15:50

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Sommer der Entscheidung
Emilie Richards
MIRA TASCHENBUCH IM CORA VERLAG 2009-04-10 Taschenbuch 544 Seiten

OT: Wedding Ring

Klappentext:

Hat die Liebe noch eine Chance? In der Ehe von Tessa und Andrew MacRae kriselt es, seit ihre kleine Tochter tödlich verunglückt ist. Um in Ruhe über ihre Beziehung nachzudenken und endlich wieder zu sich selbst zu finden, will Tessa den Sommer auf dem Land verbringen. Gemeinsam mit ihrer Mutter fährt sie zu ihrer Großmutter, die ganz allein auf einer abgelegenen Farm lebt. Dabei kommen die drei Frauen sich zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich nah. Indem Tessa ihr Familiengeschichte aufarbeitet, hofft sie, die Schatten der Vergangenheit endgültig zu besiegen. Doch gerade als sie wieder Vertrauen in die Liebe fasst, droht eine andere Frau Tessas und Andrews Beziehung endgültig zu zerstören. Quelle: Mira

Meine Meinung:

Kann man wirklich den Verlust eines Kindes verarbeiten? Besonders, wenn man sich selbst mitschuldig fühlt? Tessas Welt ist aus den Fugen geraten, als ihre kleine Tochter auf dem Weg zur Schule von einem betrunkenen Autofahrer einfach umgenietet wird. Ausgerechnet, als sie zum ersten Mal alleine den Schulweg bewältigen wollte. Tessa fühlt sich schuldig, hätte sie sie doch noch einmal begleitet. Aber kann man das Schicksal wirklich aufhalten? Gibt es überhaupt eine gerechte Strafe für den Autofahrer? Wie kann sie jemals ihrem Mann wieder in die Augen sehen? Andrew hält zu seiner Frau und hätte auch gerne wieder ein Kind. Aber Tessa würde den erneuten Schmerz eines Verlustes nicht mehr ertragen. Aber muss es denn zwangsläufig wieder einen Verlust geben?

Um Nachzudenken und Abstand zu gewinnen fährt Tessa zu ihrer Großmutter Helen, die alleine auf einer Farm wohnt. Helen ist unwirsch und unfreundlich, sie will keine Fremden in ihrem Haus haben – auch nicht ihre Tochter Nancy, Tessas Tochter. Als Tessa bei ihr ankommt, wird ihr auch sofort klar, warum Helen sich so gegen Besuch sträubt. Sie ist ein Messie – im wahrsten Sinne des Wortes. Helen sammelt einfach alles und bewahrt alles auf, sie kann an keinem Altpapierstapel vorbeigehen, ohne ihn zu durchwühlen. Man könnte ja noch etwas finden, was sich lohnt zu lesen und aufzubewahren. Dass dadurch aber ihr eigenes Haus zu einer Gefahr wird, will sie zuerst gar nicht wahrhaben. Mit vereinten Kräften machen sich Tessa und Nancy ans Werk, und je mehr sie das Haus entrümpeln, entrümpeln sie auch ihre Beziehung untereinander und räumen so manches Missverständnis auf.

Es ist berührend, wie sich die drei Frauen wieder annähern, wie sie ihre Geheimnisse enthüllen und endlich einmal das aussprechen, unter dem sie schon so lange leiden. Jede der drei Frauen steht für ein anderes, immer noch aktuelles Problem. Helen ist der Messie, die endlich gezwungen wird, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Nancy ist die typische Ehefrau eines gesellschaftlich anerkannten Mannes, der eigentlich jemand ganz anderen hätte heiraten sollen. Bisher hat sie ihr Leben nur als Frau von xy gelebt, in den Sommerwochen bei ihrer Mutter findet sie nun endlich sich selber und dass, was sie wirklich möchte. Tessa trauert, und weiß einfach nicht, wie sie damit umgehen soll und vor allem, wie es weitergehen wird.

Tessa ist eigentlich eine unsympathische Heldin. Sie ist störrisch, egoistisch und so sehr in ihrer Trauer versunken, dass sie ihre Umwelt nicht mehr wahrnimmt. Sie stößt alle von sich, nur sie selbst ist ihr wichtig und die Trauer ihres Mannes nimmt sie gar nicht ernst. Auch er hat ein Kind verloren, aber das interessiert sie nicht. Sie geht auf in ihrem Rachefeldzug gegen den Unfallfahrer und lässt überhaupt keinen Gedanken zu, dass auch er darunter leidet und nicht nur das ist, was sie in ihm sehen will. Wird sie es wohl noch schaffen, wieder auf den rechten Weg zu finden, wie immer er auch aussehen mag?

Die Geschichte ist hervorragend besetzt, alle Charaktere sind sehr vielschichtig, selbst die Nebenrollen. Fast alle sind nicht das, was sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Wir erfahren eine Menge interessanter Geschichten, Helen und Nancy erzählen in den langen Sommerwochen, wie sie ihre Männer kennen gelernt haben. Besonders Helens Geschichte ist tragisch, kein Wunder, dass sie so verbiestert geworden ist. Alle drei Frauen bekommen ihren Raum, sie haben genug Zeit zu erzählen und so manches schockierende Geheimnis wird gelüftet.

Aber der eigentliche Star dieser Geschichte ist das Quilten. Helen ist eine wahre Künstlerin, ihre Quilts erzählen Geschichten und sie kann sich an jedes einzelne Patchworkstückchen erinnern. Und was für Geschichten dahinter stecken, es ist einfach unglaublich und wunderbar magisch. Ein Quilt ist nicht einfach eine Patchworkdecke, ein Quilt ist Magie, ist Kunstwerk, birgt Geheimnisse und erzählt eine Geschichte. Manchmal ist sie freudig, manchmal aber auch unendlich tragisch. In einem Quilt hängt Arbeit, Schweiß, Tränen und Blut, aber auch Freude und ganz viel Liebe. Nicht nur die Stoffstückchen werden überlegt angeordnet, auch die Stiche der Nähte sind wahre Kunstwerke, sie sind nochmal eigene Bilder im Gesamtkunstwerk. Bei den einzelnen Quilts gehen die Herzen auf, fast möchte man Nadel und Faden selber in die Hand nehmen und macht sich innerlich schon mal auf die Suche nach Stoffstücken. Schade, dass keine Photos in dem Buch vorhanden sind, aber sie werden so gut beschrieben, dass man sie sich auch sehr gut vorstellen kann.

Fazit

Emilie Richards, wie man sie liebt. Hier kommt wieder ihr Talent zum Vorschein, es ist beileibe nur ein Liro. So viele ernsthafte Themen sind in diesem Buch verpackt, dass einem fast schwindelig wird. Alle sind sie interessant und keines geht unter. Sei es der Messie, die Ehefrau, die nun auch mal etwas für sich machen möchte, die Analphabetin, die Witwe, die schon früh alleine mit einem Kind dasteht und natürlich die Mutter, die durch Alkohol nun keine mehr ist. Emilie Richards gibt ihren Personen Raum, sich zu entfalten, sie bietet Lösungsmöglichkeiten an, erhebt aber nicht den moralischen Zeigefinger. Subtil lässt sie ihre Charaktere selbst ihre Schwächen erkennen und ihre eigenen Auswege finden, denn es gibt keine gemeingültigen Lösungen für den Umgang mit Trauer und der Schuld des Überlebenden. Ihre Charaktere haben Tiefgang, und mit der Geschichte des Quiltens bekommt das Buch noch eine ganz besondere Note. Alleine deshalb ist es lesens- und empfehlenswert, für Fans dieser Handarbeit fast ein Muss.


Von mir gibt es dafür 4,5 von 5 Punkten

:stern
Zuletzt geändert von patwelli am 05.11.2012, 20:45, insgesamt 1-mal geändert.
Meine verwendeten Bilder habe ich entweder selbst erstellt oder sie kommen von dieser Seite

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Beitragvon sabinett » 10.06.2010, 17:11

gerade gesehen Teil 1 des Shenandoah Album
»Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke,
sondern zu meinem Buchhändler«
*Philippe Dijan*
:buch
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Re: Emilie Richards - Sommer der Entscheidung

Beitragvon Marina G. » 04.03.2011, 18:13

Mich konnte dieser Roman von Emilie Richards nicht überzeugen, mir war das Buch viel zu zäh und die Heldin mocht ich gar nicht. Patti hat die Heldin recht gut beschrieben...

patwelli hat geschrieben:Tessa ist eigentlich eine unsympathische Heldin. Sie ist störrisch, egoistisch und so sehr in ihrer Trauer versunken, dass sie ihre Umwelt nicht mehr wahrnimmt. Sie stößt alle von sich, nur sie selbst ist ihr wichtig und die Trauer ihres Mannes nimmt sie gar nicht ernst. Auch er hat ein Kind verloren, aber das interessiert sie nicht. Sie geht auf in ihrem Rachefeldzug gegen den Unfallfahrer und lässt überhaupt keinen Gedanken zu, dass auch er darunter leidet und nicht nur das ist, was sie in ihm sehen will.
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