Simon Beckett - Die Chemie des Todes

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Simon Beckett - Die Chemie des Todes

Beitragvon mallory » 10.06.2010, 23:21

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Die Chemie des Todes
Simon Beckett
rororo 2007-08-01 Taschenbuch 432 Seiten

Inhalt: Dr. David Hunter ist ein gebrochener Mann, als er in das kleine englische Dorf Manham kommt. Einst der führende Gerichtsmediziner Englands, hat er nach dem Unfalltod von Frau und Tochter jede Lebensfreude verloren und sieht sich nicht mehr in der Lage, in seinem alten Beruf zu arbeiten. Daher nimmt er eine Stelle als Landarzt an. Drei Jahre lebt er in dem kleinen Ort, als eine schrecklich zugerichtete Frauenleiche gefunden wird. Der ermittelnde Polizist überredet David, die Leiche zu untersuchen und so wird er nach und nach in die Ermittlungen hineingezogen.
Während er langsam zurück ins Leben findet und sich in die neu zugezogene Lehrerin Jenny verliebt, wird wieder eine Leiche gefunden, eine weitere Frau verschwindet und der Pfarrer fängt an, eine Hexenjagd auf den "Neuen" in der Gemeinde zu veranstalten.
Als schließlich auch Jenny in die Gewalt des Killers gerät spitzt sich die Lage dramatisch zu...

Meine Meinung: Dieses Buch ist hochgelobt und bekam viele begeisterte Kritiken. Auch mir wurde es von einer Kollegin heiß empfohlen. Es sei unglaublich spannend.
Leider habe ich das nicht so empfunden. Obwohl einiges passiert im Roman kommt es mir nicht wirklich so vor. Die Geschichte spielt im Hochsommer, es ist heiß, die Leute werden immer aggressiver und es hat mich richtig abgestoßen mitzuerleben, wie die Dorfbewohner als Menschen dargestellt wurden, die sofort jeder Behauptung Glauben schenken, dass der "neuzugezogene" Arzt, immerhin schon drei Jahre im Ort, für die Morde verantwortlich sein könnte. Der Erzählstil ist sehr behäbig, ich habe die Hitze förmlich gespürt die über der Landschaft liegt (okay, ich habe das Buch gelesen während es draußen 34° C hatte ;) ) und man darf detailiert miterleben, wie David Hunter die Leichen untersucht und dabei über Maden, Verwesung und Verfall doziert. Der Zustand der Leichen wird genau beschrieben, auch die Verstümmelungen und Perversitäten, man riecht förmlich den Fäulnisgestank und hört das Summen der Fliegen. Und dann wieder Hitze, die nicht nur die Dorfbewohner lähmt, sondern auch mich. Der Autor legt m.E. einen zu großen Schwerpunkt auf das Gefühlsleben des Helden, dazwischen suhlt er sich genüsslich in den pathologischen Beschreibungen. So plätschert der Roman über weite Strecken vor sich hin, obwohl er eine gute Zahl an Schocks aufzuweisen hat.
Auch dass Hunter den größten Teil der Geschichte aus einem zeitlichen Abstand heraus erzählt hat mich etwas gestört. Nur wenige Kapitel, die aus Sicht der gefolterten Frauen spielen, sind nicht in Ich-Form.

Fazit: Das Buch ist inhaltlich schon spannend und auch nichts für schwache Nerven oder Mägen. Aber der Schreibstil sorgte dafür, dass ich den ganzen Roman über eine seltsame Distanz verspürte und nicht wirklich mitleiden konnte :sad Außerdem habe ich tatsächlich geahnt, wer der Mörder ist, auch wenn ich unwesentlich mit meiner Lösung daneben lag. Aber im Prinzip hatte ich richtig geraten.

Meine Wertung: 3,5 von 5 :lesen
:stern
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Re: Simon Beckett - Die Chemie des Todes

Beitragvon Mondfrau » 11.06.2010, 07:14

mallory hat geschrieben: Aber der Schreibstil sorgte dafür, dass ich den ganzen Roman über eine seltsame Distanz verspürte und nicht wirklich mitleiden konnte :sad


Seltsam: bei mir wars gerade deswegen so, DASS ich immer richtig mitgelitten habe bzw. mich immer mit Hunter zusammen unbehaglich gefühlt hatte. Und auch ansonsten könnte ich mich nicht erinnern, dass ich den Schreibstil langatmig gefunden hätte. Ich hab das Buch - so wie alle anderen Becketts auch- in einem Rutsch durch gehabt.

Aber da stimme ich auf jeden Fall mit Dir überein:
man braucht einen guten Magen! Beckett beschreibt schon alles sehr detailreich. Wobei ich "Chemie des Todes" im Vergleich zu "Leichenblässe" noch harmlos finde.

Und rein nervlich gesehen hatte das Ende für mich nochmal einen Höhepunkt...

Jedenfalls hab ich das Buch insgesamt sehr gern gelesen und fand es sehr spannend!
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Beitragvon monalisa » 11.06.2010, 07:35

Das Buch hat mir eigentlich ganz gut gefallen...aber Kalte Asche fand ich besser ;) und ich fand es auch gar nicht so schlimm für den Magen ;)
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Re: Simon Beckett - Die Chemie des Todes

Beitragvon erki_nol » 11.06.2010, 07:58

mallory hat geschrieben: Dieses Buch ist hochgelobt und bekam viele begeisterte Kritiken. Auch mir wurde es von einer Kollegin heiß empfohlen. Es sei unglaublich spannend.
Leider habe ich das nicht so empfunden.

Mir ging es genauso. Ich habe dem Buch damals auch 3,5 von 5 Punkten gegeben; meine Anmerkung dazu in der Leseliste vom Mai 2009:
"Hmm, hatte mir ein bisschen mehr davon versprochen, mich konnte dieser Start in die Reihe um den forensischen Anthropologen David Hunter nicht so richtig begeistern. Die Hauptfigur zwar ganz sympathisch, die Auflösung na ja und die Dorfgemeinschaft voller Klischees. War insgesamt zwar ganz in Ordnung, aber die weiteren Teile werde ich sicher nicht lesen!"
Buchspiel: 3/7 Büchern gelesen * Meinen Avatar habe ich übrigens auf http://www.planearium.de erstellt.
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Beitragvon Rusti » 11.06.2010, 08:21

Ich habe die David Hunter-Reihe als Hörbücher gehabt und war total begeistert.
Von mir gibt es 5 Punkte

mallory, in einer Nachbargemeinde von uns kann man 20 Jahre wohnen und gilt immer noch als "Zugezogener" :lol:
"You cannot pretend to read a book. Your eyes will give you away. So will your breathing. A person entranced by a book simply forgets to breathe. The house can catch alight and a reader deep in a book will not look up until the wallpaper is in flames."

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Beitragvon Lysa » 11.06.2010, 08:39

Ah, ich lebe hier in einer Dorfgemeinschaft, wo die "Alten" meine Schwiegermama immer noch als die "Zugezogene" bezeichnen, nachdem sie nun fast die 50 Jahre hier voll macht ... Wobei sie Schwiegermama durchaus akzeptieren und schätzen und so. Sie wird halt bis zum letzten Tag die "Kölnerin" bleiben. Ich, die aus einem 6 km entfernten Dorf hergezogen bin, werde nach 13 Jahren hier mittlerweile von fast allen mit Kopfnicken und angedeutetem Lächeln begrüßt. :roll:
Glaub mal, das "wahre" Leben ist so voller Klischees und Grauen, würde man schreiben, wie es wirklich ist, würde kein Lektor es annehmen - zu klischeebeladen, zu trübsinnig ... :versteck
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Re: Simon Beckett - Die Chemie des Todes

Beitragvon Kleeblatt » 04.06.2011, 10:08

Meine Rezension:

David Hunter praktiziert seit 3 Jahren als Landarzt, weil er seinem vergangenen Leben als Anthropologe entfliehen wollte. Er findet Arbeit bei einem Arzt, der an den Rollstuhl gefesselt ist und Hilfe in seiner Arztpraxis braucht. Nicht die Arbeit hat ihn aufs Land getrieben, sondern der Unfall, durch den seine Frau und seine Tochter ums Leben kamen.
Eine Leiche wird gefunden und die hiesige Polizei bittet ihn um Mithilfe bei der Identifizierung der Leiche. Nach anfänglichem Sträuben erklärt er sich zur Mithilfe bereit.
Es geschehen weitere Morde und der Verdacht liegt nahe, dass es sich bei dem Mörder um einen aus der Gegend handeln muss. Misstrauen macht sich breit und die „Fremden“, so auch Dr. Hunter als Zugezogener, haben keinen leichten Stand. Jeder misstraut jedem.
Als er die Lehrerin Jenny kennen lernt, beginnt er langsam, seine Vergangenheit loszulassen.
Erst als auch sie in das Fadenkreuz des Mörders gelangt und entführt wird, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, denn Jenny ist Diabetikerin und braucht ihr Insulin.
Bekannt ist, dass der Mörder noch 3 Tage mit dem Opfer „spielt“, bevor er es tötet. Wird es Dr. Hunter und der Polizei gelingen, sie noch rechtzeitig zu finden und zu retten?

Das Buch ist so spannend geschrieben, dass ich es nicht aus der Hand legen konnte, bevor ich es nicht zu Ende gelesen habe. Es gab keine Längen, die die Handlung künstlich am laufen hielt. Von der gerichtsmedizinischen Seite her wunderbar recherchiert und glaubhaft. Die Auflösung des Falls absolut genial.
Wer Thriller liebt, kommt an diesem Buch nicht vorbei.

Bewertung: 5 von 5 Punkten
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