von patwelli » 05.10.2010, 15:46
Zoeys Männerproblem fand ich auch ziemlich nervend - das ist wohl der Traum eines jeden Teenagers. Ständig musste man sich vor Augen halten, dass sie ja erst 17 ist, manchmal passte es einfach nicht. Ich habe es zwar mit Spannung gelesen, fand es zwischendurch doch ein bisschen langatmig, da die Problematik ständig die gleiche war. Das Ende hat dann allerdings alles wieder rausgerissen, und ich hibbele dem nächsten Band entgegen. Und ich habe einen neuen absoluten Lieblingscharakter - Aphrodite *g*.
Wie kommt es nur, dass ausgerechnet Zoey Redbird ständig in fast ausweglose Situationen gerät? Seit sie gezeichnet wurde und im House of Night, dem Vampyrinternat, lebt, gerät ihr Leben komplett aus den Fugen. Neue und alte Freunde, neue und alte Feinde – ständig sind sie im Wechsel und niemals ist etwas so, wie es zu sein scheint. Es ist halt nicht leicht, ein Jungvampyr mit außerordentlichen Fähigkeiten und besonderer Affinität zu allen fünf Elementen zu sein; die Begabung und Ausbildung verlangt Zoey einiges ab. Dazu kommen noch ihre untote Freundin Stevie Rae und die Männer, die sie umschwirren wie die Motte das Licht. Obwohl sie sich ständig vornimmt, in ihrem Lebenschaos aufzuräumen, sind alle Vorsätze über Bord geworfen, wenn sie Erik, Heath oder Loren gegenübersteht. Wäre sie erwachsen, könnte man sie für ein eiskaltes Miststück halten, aber Zoey ist nun mal erst sechzehn, und somit völlig mit den über sie hereinbrechenden Gefühlen überfordert. Mit niemandem kann sie darüber reden, denn ausgewachsene Vampyre können Gedanken lesen. Das wäre dann für ihre Freunde viel zu gefährlich, würde sie sich ihnen anvertrauen. Hoffentlich verstehen sie es dann auch einmal, wenn die Wahrheit ans Licht kommt. Oder das, was Neferet die anderen glauben lassen will. Zoey ist also in einer echten Zwickmühle, alleine kann sie die ganzen Probleme nicht mehr bewältigen. Allerdings gibt es noch eine weitere Person unter den Schülern, deren Gedanken Neferet nicht lesen kann – ausgerechnet Aphrodite. Notgedrungen gehen die beiden eine Allianz ein und wieder einmal verblüfft Aphrodites Charakter völlig.
Womit Aphrodite sich eindeutig zum interessantesten und wandelbarsten Charakter entwickelt. Alle anderen sind sehr eindimensional, Zoeys Freunde sind einfach nett und sympathisch, gute Schüler und reden ihr meistens nach dem Mund – sie sind zwar austausch-, aber nicht wandelbar. Heath will seine Prägung zu ihr nicht aufgeben, Zoey wird jedes Mal schwach, wenn sie in seiner Nähe ist und sein Blut riecht. Damit – und mit ihm – möchte sie doch unbedingt Schluss machen, um Erik nicht mehr zu düpieren. Denn der gutaussehende, sexy Jungvampyr ist in sie verliebt, allerdings ist außer ein paar Küssen nichts gewesen, dafür ist er einfach zu verständnisvoll. Dann gibt es da noch ihren Lehrer, Loren Blake. Er verdreht ihr völlig den Kopf, Zoey hat dem überhaupt nichts entgegenzusetzen. Loren spielt virtuos auf ihrer Klaviatur, mit seiner Ausstrahlung und Erfahrung verwirrt er sie dermaßen, dass sie alles vergisst – selbst ihre anderen Freunde. Immerhin ist Zoey noch ein unsicherer Teenager, der mit Beziehungen und Liebe noch nicht viel zu tun hatte. Ihre Gefühle fahren Achterbahn, niemandem kann sie sich anvertrauen. Ihr fehlt die Lebenserfahrung, um zu unterscheiden, wer es ernst meint und wer nicht. Dem Leser schwant zwar recht früh, wo es hinführen soll, aber man kann Zoey keine Vorwürfe machen. Ihr Charakter ist auch sehr gradlinig angelegt, sie legt sich gerne alle Probleme der Welt auf ihre Schultern. Nur sie kann sie lösen, denn sie ist mächtig und wurde von Nyx mit besonderen Aufgaben betraut. Die (Selbst)Beweihräucherung von Zoey ist auch in diesem Band ein bisschen viel, sie ist einfach zu schnell zu gut und zu mächtig. Mit Eigenschaften, mit denen sie noch überhaupt nicht umgehen kann und die gar nicht zu einem Teenager passen. Hier wäre weniger wirklich mehr gewesen, vor allem die Einzelkämpfermentalität ist fehl am Platz. Es ist schon ein bisschen unrealistisch, dass Zoey einen Schülerrat gründet, in dem nur ihre Freunde Mitglieder sind und sie sich immer noch nicht durchgerungen hat, die zwei fehlenden Mitglieder zu ersetzen. Glaubwürdig ist aber die Beziehung zur untoten Stevie Rae, deren Wandlung und weitere Entwicklung ist glaubhaft und nimmt den Leser mit. Sie beherrscht zwar fast das ganze Buch, aber die anderen Ereignisse sind auch sehr aufwühlend und sorgen für große Spannung, wie es nun weitergehen wird.
Die Story dümpelt zwar in spannenden, aber ruhigen Fahrwasser vor sich hin, bis sich dann auf den letzten Seiten die Ereignisse mal wieder überschlagen. Wer ist noch Freund, wer ist Feind – dem Leser schwirrt anschließend der Kopf und man ist nur noch verblüfft darüber, mit welchen genialen Schachzügen das Autorenduo die Weichen neu stellt. Aphrodite sorgt immer wieder für Erheiterung, man fühlt mit ihr und ist äußerst gespannt, was sich bei ihr noch alles entpuppen wird. Die Story ist nie vorhersehbar, kaum wird man in eine Richtung gelenkt, fällt dem Autorenduo bestimmt etwas komplett anderes ein. Kleine hingeworfene Brocken erhalten die Neugier, manchmal sind es nur Sätze oder kurze Handlungen, die das Weltbild wieder verdrehen. Waren es wirklich die Gottesfürchtigen, die getötet haben? Werden Zoeys Freunde irgendwann die Wahrheit verstehen? Was passiert mit Stevie Rae und Aphrodite? Ein paar Antworten gibt es bestimmt im nächsten Band, den man auf keinen Fall verpassen sollte. Ein schönes Cover und eine geschmackvolle Gestaltung sprechen auch die Sinne beim Lesen an, leider wird das Innencover des Schutzumschlages doch zu einem Werbeposter, hier kann man mittlerweile die Buchcover sehen. Schade, ein reines Vampyrposter hätte die Mädchenherzen bestimmt viel höher schlagen lassen.
Fazit
Freunde werden zu Feinden und Feinde zu Freunden, wieder einmal stellen die beiden Autorinnen alles auf den Kopf. Mit unvorhergesehenen Weichen geben sie der Geschichte ein völlig neues Gesicht, leider stagnieren bis auf Aphrodite die Charaktere. Spannend bleibt es bis zum Ende – und sogar darüber hinaus, der nächste Band wartet schon. Unmöglich, vorauszuahnen, was passieren wird. Das Suchtpotential wird weiter geschürt, wird es wirklich möglich sein, sich noch zu steigern? Auf jeden Fall bringt die anschließende Leseprobe noch keine neuen Erkenntnisse, aber einen interessanten, neuen Charakter. Man darf über den Einfallsreichtum der Autoren gespannt sein, bisher erfüllen sie die an sie gestellten Erwartungen aufs Vortrefflichste.