Die Woll-Lust der Maria Dolors von Blanca Busquets

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Die Woll-Lust der Maria Dolors von Blanca Busquets

Beitragvon Skiddo » 05.02.2011, 22:23

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Kurzbeschreibung:

Still sitzt sie in ihrer Ecke im Wohnzimmer und strickt emsig vor sich hin. Seit einem Schlaganfall lebt Dolors bei der Familie ihrer jüngsten Tochter Leonor. Bis auf ihren Enkel Martí behandeln die Familienmitglieder die alte Frau jedoch wie ein Möbelstück, denn sie kann nicht mehr sprechen und sich nur noch durch Gesten verständigen. Aber Dolors ist weder blind noch taub geworden. Sie hat nach wie vor einen scharfen Verstand und es zudem faustdick hinter den Ohren. Während sie für ihre 16-jährige Enkelin einen wundervollen Pullover in leuchtenden Farben strickt, entgeht ihr nichts von dem, was in dieser scheinbar normalen Familie vor sich geht. Jeder hütet hier ein Geheimnis. Nicht zuletzt Dolors selbst …


Meine Meinung:

Dolors lebt nach einem Schlaganfall, der sie stumm machte, bei ihrer jünsten Tochter Leonor, deren Mann und den gemeinsamen Kindern Martí und Sandra. Leider hat im Krankenhaus wohl keiner richtig zugehört, denn ausser dem Enkel Martí verhalten sich die restlichen Familienmitglieder als wäre Dolors zur Stummheit auch noch dumm und taub und blind geworden, eigentlich autistisch. Als ehemals sehr autarke Rentnerin hat Dolors den Schlaganfall überraschend gut weggesteckt. Vor dem Schlaganfall harderte sie sehr damit, von ihren Töchtern eine Haushaltshilfe aufs Auge gedrückt bekommen zu haben und schickaniert diese deshalb. Nach dem Schlaganfall lag sie einige Tage weinend und stumm im Krankenhausbett und nun wars das. Sie sitzt Tag ein, Tag aus in ihrem Sessel und akzeptiert das. Einzig Nadeln und Wolle wünscht sie sich, damit sie ihrer Enkelin einen bunten Pullover stricken kann. Dann liest man mal davon, daß sie beim Belauschen der restlichen Familienmitglieder eine Masche, die Nadel oder die Strickanleitung aus dem Auge verloren hat und deshalb immer mal wieder aufribbeln muß. Für die geneigte Strickerin war es das im großen und ganzen auch, was man zu dem Thema Stricken lesen kann in dem Buch.

Da ich das von anderen strickenden LiroMädels gelesen hatte, wollte ich das betonen. Natürlich ist der Pulli ein (dünner) roter Faden in dem Buch, aber mehr dazu liest man einfach nicht. Am Anfang kurz welches Material, dann eben wie Dolors den Pulli stickt und immer mal wieder, daß sie die Farben unglaublich schön leuchtend und passend für ihre Enkelin findet.

Dolors hört, sieht und erlebt schon eine ganze Menge in der Familie. Und sie macht sich ein paar Gedanken dazu. Leider gehen ihre Gedanken aber kreuz und quer durch ihre Lebenszeit. Leider, weil der Leser im Dolors' Kopf ist und dadurch jeden Gedankensprung auch so liest.

Ein belauschtes Telefonat führt zu Gedanken, durch die sie an etwas aus der Vergangenheit erinnert wird und dann liest man Zeile für Zeile stückchenweise über ihre Vergangenheit, mal eine ganze Seite, dann wieder 2 Zeilen Gegenwart, wieder mehrere Zeilen Vergangenheit. Dadurch gibt es keinen Absatz, keine optische Pause oder Orientierungshilfe. Nur durchgängig Dolors' Gedanken, beinahe ohne Punkt und Komma. Das war ungewohnt und mich persönlich nervte es nach einiger Zeit immer mehr.

Mir waren die Personen nicht sympatisch durch ihre allgemeine Ichbezogenheit. Leider machte für mich auch Dolors keine Ausnahme. Altersweisheit in allen Ehren, aber mir ging ihre Beurteilung anderer auf den Zwirn. Gerade wenn jemand so viele Fehler im Leben gemacht hat, wie Dolors, müsste man doch eigentlich ganz leise sein, aber nein. Das heißt, leise war sie ja schon. Mal war sie unglücklich darüber, weil sie gerne ihre Meinung kund getan hätte um ihre Familie zu belehren, mal war sie ganz dankbar dafür, weil sie eben genau das nicht tun wollte.

Dafür, daß mich die Form am Anfang so irritierte und dann nervte, fand ich es doch ganz gut zu lesen, recht flüssig. Und diese Gedankensprünge waren zwar anstrengend, aber eben wohl auch der Realität entsprechend, wenn ich mal an meine eigene Oma denke. Trotzdem finde ich es in dem Ausmaß unglücklich. Natürlich ist es interessant über das Leben anderer zu lesen und dazu selbstverständlich auch einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, aber einige Absätze und Freizeilen hätten sie sich ruhig noch gönnen können. Der besseren Übersichtlichkeit wegen.

Ganz zum Schluß ist man dann auch nochmal kurz in den Köpfen der Familienmitglieder. Und gerade das Ende fand ich einfach doof. Die Enkelin, die nun den Pullover trägt und nun darüber nachdenkt, warum sie ihn trägt. Entschuldigt mir diese nebulösen Andeutungen, aber genau diese Andeutungen schrieb auch die Autorin dem Teenager in den Kopf. Da habe ich mich einfach richtig geärgert über das, was da angedeutet wurde.

Mein Fazit:

Ein ungewöhnlich geschriebenes Buch, welches einen kleinen Touch "Wolle" intus hat, aber eben kein Strickroman ist. Liest sich flüssig, schlagen musste ich mich nun nicht um weiter zu lesen, aber ich habe mir einfach mehr versprochen. Und sich über ein Buch zumindest streckenweise zu ärgern ist natürlich besser, als sich damit zu langweilen. Insofern ist es keine verschenkte Lebenszeit gewesen, aber ich hätte vielleicht lieber erst mal in der Leihbücherei danach gucken sollen.

2,5 Punkte von 5.

:stern
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