Barbara Delinsky - Vertrau nur meiner Liebe

Liebesromane unserer Zeit ala Sparks, Ahern, Patterson und Co

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Barbara Delinsky - Vertrau nur meiner Liebe

Beitragvon patwelli » 24.06.2012, 18:57

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Vertrau nur meiner Liebe
Barbara Delinsky
Knaur TB 2008-01-01 Taschenbuch 432 Seiten

OT: Family Tree

Klappentext:

Seit sie denken kann, sehnt sich Dana nach einer richtigen Familie. Als sie den erfolgreichen Anwalt Hugh heiratet, scheint ihr Traum endlich in Erfüllung zu gehen. Ihre Schwangerschaft macht das Glück vollkommen, doch als die kleine Lizzy geboren wird, ist plötzlich nichts mehr, wie es war: Die Haut des Mädchens ist nicht weiß wie die seiner Eltern... Dana muss um ihr Glück kämpfen – und um die Liebe ihre Mannes, die durch Lizzys Geburt auf eine harte Probe gestellt wird. Quelle: Knaur

Meine Meinung:

Das erste Kind - für Dana und Hugh geht ein großer Wunsch in Erfüllung. Dana, die kaum noch Familie hat, wünscht sich so sehr eine eigene und glaubt, mit Hugh, dem erfolgreichen Anwalt aus alteingesessener Familie den idealen Ehemann und Vater gefunden zu haben. Als dann noch Lizzy geboren wird, ist ihr Glück perfekt - vorläufig. Denn bei genauerer Betrachtung zeigt Lizzy eindeutig negroide Züge. Woher hat sie die nur, bei zwei eindeutig weißen Elternteilen? Da müsste schon mindestens der Großvater afro-amerikanischer Herkunft sein, sonst würden die Gene nicht so eindeutig durchschlagen. Verwechselt wurde sie auch nicht, Hugh war bei ihrer Geburt dabei. Da Dana ihren Vater nicht kennt, bleibt nur noch diese Möglichkeit. Oder hat eventuell David, der Nachbar und eindeutig schwarz, etwas damit zu tun? Dana ist entsetzt über dieses Misstrauen, das ihr auf einmal entgegenschlägt. Wie können ihre Familie und ihre Freunde ihr so etwas nur zutrauen? Selbst Hugh zeigt leise Zweifel, steht seine Familiengeschichte doch über Jahrzehnte hinweg fest. Sein Vater, ein renommierter Collegeprofessor, hat ein Buch über seine Vorfahren geschrieben, Amerikaner, die mit der Mayflower ins Land kamen. Ihr Stammbaum ist lückenlos, was Dana von ihren Vorfahren nicht behaupten kann. Düpiert wenden sie sich von Dana ab und wollen ihre Enkelin nicht anerkennen. Eine große Stütze in dieser Zeit ist Dana ihre eigene Großmutter, die ein Wollgeschäft betreibt. Hier fühlt sie sich ohne Vorbehalte anerkannt, immerhin hat ihre Großmutter sie großgezogen. Auch die Freundinnen und Stammkundinnen aus dem Laden halten zu ihr und ihrer entzückenden Tochter.

Ist die Hautfarbe wirklich so wichtig im Leben? Ja, ist sie und Dana wirkt doch arg naiv und realitätsfremd, als sie immer wieder die Suche nach den Gründen abweist und behauptet, das sei alles nicht so wichtig. Menschen aber sind rational, wenn es etwas unverständlich ist, suchen sie nach Gründen und Ursachen, um Mysterien zu verstehen. Und ein schwarzes Kind, welches von zwei eindeutig weißen Elternteilen geboren wird, ist eindeutig ein Mysterium. Hat sie die Gene nicht geerbt, bleibt zwangsläufig nur noch der Seitensprung - so wenig ihn man der Mutter auch zutraut. Aber irgendwoher müssen die Gene ja kommen. Mit vielen Umwegen und Detektivarbeit machen sich Hugh und Dana auf die Suche nach dem Ursprung und bringen Erstaunliches zu Tage. Die Auflösung ist überraschend und auf einmal rutschen auch viele kleine Puzzleteile an ihren Platz, denen man vorher nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt hat. Und es ist auch ausgerechnet David, der Dana davon überzeugt, wie wichtig die Hautfarbe für ein Kind ist. Danach versteht sie einiges besser und ist nicht mehr so brüsk zu den zweifelnden Menschen in ihrem Umfeld. Immerhin ist auch ihre Ehe in Gefahr, denn sie kann Hugh seine Zweifel nicht verzeihen.

Barbara Delinsky hat eindrucksvolle Protagonisten und eine stimmige Atmosphäre geschaffen. Wirkt Dana zwar ein bisschen zu sorglos und vor allem viel zu naiv, gibt es mit Hugh und David zwei Gegenpole, die ihre berechtigten Zweifel anmelden und nachvollziehbar reagieren. Besonders Hughs Gefühle seiner Frau und Tochter gegenüber sind einfühlsam und verständlich, die Autorin schafft keine Gutmenschen, die über alle Fehler einfach hinwegsehen können und immer nur das Gute im Menschen sehen wollen. Ein Großteil des Buches spielt im Wollgeschäft, dieses heimelige Setting trägt viel zu dem Wohlgefühl beim Lesen bei. Dazu kommen noch einige hochinteressante Nebenhandlungen, die genussvoll die Seiten nur so dahinfliegen lassen. Die Themen wirken noch lange nach, es ist auch ein bisschen viel, was die Autorin zwischen die Seiten gepackt hat. Auf jeden Fall ein Buch mit Nachhaltigkeit, denn selbst nach den letzten Seiten spukt einem die Geschichte noch lange im Kopf herum. Die liebenswerten, ausgefeilten, wandelbaren und tiefgründigen Charaktere schaffen einen ungeahnten Lesegenuss, welcher durch die Themenbrisanz und Vielfältigkeit noch vertieft wird. Irgendwo in diesem Buch findet sich jeder wieder, Handlungen wirken realistisch und verständlich, Auflösungen sind überraschend, aber nachvollziehbar.

Fazit

Ein richtiger Schmöker für vergnügliche und vor allem nachdenkliche Stunden, die Geschichte wartet mit einer ungeahnten Tiefe auf. Sie bleibt noch lange im Gedächtnis und regt zu ungeahnten Denkanstößen an. Ist man auch anfangs unverständig Danas ständiger Negierung der Andersartigkeit ihrer Tochter gegenüber, so gewinnt sie während der Geschichte eindeutig an Tiefe und lernt zu verstehen, dass Liebe nicht immer ausreicht. Man muss sich auch seinem sozialen Umfeld stellen, welches einem das eigene Leben unendlich umständlich machen kann. Außerdem lehrt das Buch, hinter die Fassade eines Menschen zu schauen, die Stacheln zu erkennen, um durch sie hindurch den wahren Geist erfassen zu können.

Von mir gibt es 4 von 5 Punkten - Dana war mir zu hartnäckig ignorant

:stern
Meine verwendeten Bilder habe ich entweder selbst erstellt oder sie kommen von dieser Seite

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