Cassia & Ky - Die Auswahl: Band 1: RomanAlly Condie
Fischer FJB 2011-01-26 Gebundene Ausgabe 464 Seiten
InhaltCassia Reyes ist 17 Jahre alt, als sie beim Paarungsbankett erfährt, dass ihr idealer Partner und zukünftiger Ehemann ihr bester Freund Xander ist. Sie lebt in einer Welt, in der solche Entscheidungen von der „Gesellschaft“ getroffen werden und niemand stellt sie in Frage. Cassia ist mit diesem glücklichen Zufall sehr zufrieden. Da man normalerweise mit einem fremden Jungen aus einer anderen Provinz gepaart wird, erhält jeder Jugendliche einen Mikrochip mit Informationen über seinen zukünftigen Lebenspartner. Als Cassia sich ihren Mikrochip ansehen möchte, geschieht jedoch etwas Unerwartetes: Xanders Bild verschwindet und sie sieht stattdessen Ky Markham, einen anderen Jungen aus ihrem Freundeskreis. Obwohl man ihr mitteilt, dass es sich hier um ein Versehen gehandelt hat, da Ky niemals gepaart werden kann, wirft es in Cassia Fragen auf: Warum darf sie ihre Lebensentscheidungen nicht selbst treffen?
KritikDen Kernpunkt dieses Romans beschreibt ein Zitat aus dem Buch wirklich gut:
„Ich bin der Meinung, dass es jedem freistehen sollte, sich seinen Partner selbst auszusuchen“, erwidere ich tonlos.
„Aber wo sollte das denn hinführen, Cassia?“, antwortete sie [eine Funktionärin, sie sind die Staatsgewalten] mit geduldiger Stimme. „und als Nächstes entscheiden dann auch die Paare selbst, wie viele Kinder sie bekommen und wo sie leben möchten? Oder wann sie sterben wollen?“ (Seite 306)
Cassia lebt in einer zukünftigen Welt, in der das gesamte Leben reglementiert ist. Man geht nicht einkaufen, das Essen wird einem gebracht. Dabei werden die Kalorien genau berechnet. Es wird entschieden, wen man heiratet, welcher Arbeit man nachgeht, wie viel Sport man treibt. Jeder Bereich des Lebens wird überwacht und kontrolliert, Verstöße werden bestraft.
Ich muss gestehen, dass ich diese Welt zu Beginn des Buches sehr faszinierend fand. Die größten Lebensentscheidungen werden einem abgenommen, das kam mir sehr bequem vor. Kein Liebeskummer, keine Angst davor, entlassen zu werden, keine Fettleibigkeit. Erst im Laufe des Buches habe ich mit Cassia, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, erkannt, wo die Tücken dieser Gesellschaft liegen. Es wird einem nicht nur vorgeschrieben, wie man zu leben hat, sondern auch, was man zu fühlen hat. Gedichte, Romane, selbst Gemälde wurden zum größten Teil vernichtet, nur in geringer Zahl blieben die „ungefährlichen“ Werke erhalten.
Im Laufe der Geschichte empfindet man diese Welt zunehmend als beklemmend. An erster Stelle kommt die Gesellschaft, das Gemeinwohl. Für das Individuum ist nur ein sehr begrenzter Raum vorgesehen.
Ich muss sagen, am meisten beeindruckt hat mich Ally Condies Schreibstil. Sie findet geradezu poetische Worte für Cassias Gedanken. Hier erkennt man, dass in unseren alltäglichen Vorgängen - wie z.B. dem Schreiben, was Cassia nie gelernt hat – ein Zauber liegt, der uns die Freiheit erst ermöglicht, die wir haben. Und sehr sanft stellt sie die Entwicklung Cassias dar von einem jungen Mädchen, das die Welt liebt in der sie lebt, zu einer jungen Frau, die ihr Leben gern selbst in die Hand nehmen möchte. Sprachlich habe ich das selten so bezaubernd umgesetzt gelesen.
Im Kern der Geschichte steckt auch eine Dreiecksbeziehung (wie man bereits am Klapptext erkennen kann) zwischen Cassia, Xander und Ky. Xander war mir von Anfang an sympathisch, er ist ein guter Mensch, nett und fürsorglich. Man begreift schnell, dass er Cassia wirklich liebt und über die Paarung mit ihr sehr glücklich ist. Ky war da schon etwas anderes, man nähert sich ihm im Laufe der Geschichte nur langsam an. So wie er sich Cassia öffnet wie eine Blume im Frühling – langsam und gemächlich – so nähert sich auch der Leser diesem Charakter an. Schlussendlich wird hier nicht zwischen beiden Jungen entschieden durch die Frage, wer besser zu Cassia passt, sondern indem sie für verschiedene Dinge stehen: Das Leben im System oder den gewagten Versuch, sich gegen das System aufzulehnen.
Ich kann gar nicht genug betonen, wie wunderbar die Autorin ihre Figuren – auch die Nebenfiguren! - ausgearbeitet hat.
Womit ich jedoch etwas unglücklich bin, ist das Ende des Buches. Ich will hier nicht zu viel verraten, dies ist der erste Band einer Trilogie. Und man kommt absolut nicht drum herum, den nächsten Band zu lesen, mehr sage ich nicht. Ich werde mir auch Band 2 durchlesen und bin gespannt, ob mich die Geschichte um Cassia, Ky und Xander am Ende vollends überzeugen wird.
FazitSprachlich ein ganz besonderes Buch, dessen Charaktere sehr beeindruckend dargestellt werden. Die Geschichte selbst wird man abschließend erst zum Ende der Trilogie bewerten können.
9/10 Punkten