Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Liebesromane unserer Zeit ala Sparks, Ahern, Patterson und Co

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Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon mallory » 06.01.2014, 21:19



Meine Meinung: Welch eine Überraschung! Welch eine Offenbarung! Eigentlich nur, weil das Gratis-ebook einen interessanten Titel hat habe ich reingeklickt, wurde dann neugierig und habe die Leseprobe angefangen - und kam dann nicht mehr davon weg. In wenigen Stunden war das Buch gelesen, weder Hunger, noch brennende, tränende Augen noch sonstige Bedürfnisse konnten mich von der Geschichte trennen.
Dabei ist sie eigentlich banal. Zwei Menschen, verheiratet, aber nicht miteinander, ihre Ehepartner liebend aber von ihnen vernachlässigt und emotional ausgehungert, treffen sich in einem Pub im irischen Killarney. Die beiden verbindet lediglich ihre gute Freundschaft zu David, obwohl sie sich in all den Jahrzehnten, die sie schon mit ihm befreundet sind, nie kennengelernt haben. Aus dem gegenseitigen Herzausschütten wird schnell mehr und bereits am nächsten Morgen ziehen sie zusammen in das Pensionszimmer, das Marie gemietet hat. Obwohl sie sich lieben und wunderschöne Tage miteinander verbringen, ist von vorneherein klar, dass sie nur diese gemeinsame Woche haben werden, da sie beide wieder zurück zu ihren Familien kehren werden. Der Titel ist also mehr als passend, denn die Grundstory hat durchaus etwas von "Casablanca".

Was die Geschichte jedoch so überaus faszinierend macht ist der Erzählstil. Im ersten Kapitel plaudert David, ein schwuler Wiener Friseur, über das Leben, die Liebe, die Frisuren, die er verschiedenen Leuten verpasst hat - und über seine Freundschaftsanfänge mit Erik und mit Marie. Zuerst dachte ich "Hä?? Was hat das mit Irland zu tun? Wo führt das hin?" Im nächsten Kapitel dann erzählt Winnifred, die Pensionswirtin einer B & B Pension von den beiden Verliebten, die hier nur eine Woche oder 10 Tage ihr gemeinsames Glück mit beiden Händen greifen, bevor sie wieder zu ihrer familiären Pflicht heimkehren werden.
Irgendwann im Laufe der Geschichte, die ich nicht als Roman sondern eher als Erzählung sehen möchte, fing ich an Bilder vor mir zu sehen. Und zwar Bilder von Winnifred, von David, von Kieran, dem Pubbesitzer, wie sie in einem Raum sitzen, ihr Blick in die Ferne schweift und sie wie bei einem Interview anfangen zu erzählen bevor ihre erzählten Bilder dann tatsächlich in den Film übergehen, so dass man selbst miterleben kann wie sie diese Geschichte wahrgenommen haben. Dabei schafft es die Autorin so eine Sogwirkung zu erzielen, dass ich am liebsten selbst in Kierans Pub gesessen hätte, das Ceilidh miterlebt, mit den Leuten plaudern und mir ihre Geschichten erzählen lassen wollte.
Nach und nach fügen sich auch die einzelnen Erzählungen zusammen. David, der nie den Mann fürs Leben gefunden hat und den einzigen, der es hätte sein können, gehen ließ, weil er damals noch zu sehr Paradiesvogel war und ihm ein Leben mit dem biederen Jonathan nicht aufregend genug schien. Und Jonathan, der David zwar liebte, aber nicht mutig genug war mit dem Paradiesvogel ein Leben in seiner kleinen irischen Stadt zu wagen.
Und Erik und Marie, die eigentlich so sehr in ihrer eigenen verrückten Liebesgeschichte versponnen sind sind am Ende tatsächlich der Auslöser dafür, dass das Buch noch ein wunderschönes Happy End hat, wenn auch nicht für sie.
Am allerbesten haben mir aber die Kapitel gefallen, die vom Pubbesitzer Kieran erzählt wurden. Ein ruhiger, philosophischer Mensch, dem die Autorin so wunderschöne Schlussworte in den Mund legt, dass ich tatsächlich vor meinem Laptop saß und vor Begeisterung und Freude klatschte.

Wer hätte gedacht, dass ein Buch, von dem schon von vorneherein klar war, dass es für das Liebespaar kein Happy End haben wird, mich mit so einem wohligen Gefühl und einem Lächeln übers ganze Gesicht zurücklassen würde!? Einfach nur wunderschön!

Meine Wertung: ganz klar 5 von 5 :lesen

:stern
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Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon monifant » 11.01.2014, 16:01

ich bin erst ca. in der Hälfte, aber ich hab schon die ganze Zeit ein kleines Lächeln im Gesicht und komme kaum davon los, wirklich schön geschrieben und eine schöne Geschichte.
monifant
 

Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon mallory » 11.01.2014, 16:34

Ich finde vorallem den Erzählstil so witzig, da haben selbst die Iren einen Wiener Slang. :lol:
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Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon Mondfrau » 11.01.2014, 18:52

Ich hatte es schon angefangen, aber irgendwie mag es mich nicht sooo fesseln.
Vielleicht springt es mich irgendwann nochmal an… eigentlich reizt mich ja auch gerade die Kombination Wien/Irland. :zwinkern
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Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon mallory » 11.01.2014, 19:05

Anfangs war ich auch im Zweifel aber als die Handlung dann nach Irland schwenkt wird es besser, finde ich.
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Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon Mondfrau » 20.01.2014, 22:44

Inzwischen habe ich das Buch dann doch fertig gelesen.
War ganz nett, ja.
Aber so richtig umgehauen hat es mich immer noch nicht.
Es war mal ein interessanter Ansatz, zwei Protas von Außenstehenden/anderen Personen zu beschreiben.
Aber gleichzeitig war es dann genau das, was mir manchmal so gar nicht gefallen hat.
Für meinen Geschmack haben eben diese Außenstehenden viel zu viel über sich selbst erzählt. Gut: einiges war wichtig um die Geschichte bzw. die Zusammenhänge zu verstehen. Aber letztendlich wurden aus meiner Sicht die Hauptpersonen eher zu Randfiguren.
Wobei ich jetzt nicht mal sagen könnte ob das Buch spannender geworden wäre, wenn es aus deren Sicht beschrieben worden wäre.
Und das Ende… das war auch nicht meins, nein.
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Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon mallory » 20.01.2014, 22:47

Für mich waren die beiden gar nicht die Hauptpersonen sondern nur der Aufhänger für die Geschichten der anderen Erzählenden.
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Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon Mondfrau » 20.01.2014, 22:57

Hm… ok - so kann man es auch sehen.
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Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon Loewenzahn » 21.01.2014, 11:43

Ich hab's zwischenzeitlich auch gelesen und fand auch: Naja, ganz nett. Menschen wie die beiden Protas, die sich so sehr dem Partner anpassen und unterordnen, sind mir immer suspekt. Sie haben ja auch keine wirkliche Veränderung durchgemacht, sondern machten nach dem Urlaub so weiter wie bisher - nee, mit solchen Leuten kann ich nix anfangen :flöten

Aber das Setting Killarney fand ich gut :lol:
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Re: Elisabeth Freundlinger - Casablanca in Killarney

Beitragvon Mondfrau » 21.01.2014, 12:03

Loewenzahn hat geschrieben:Ich hab's zwischenzeitlich auch gelesen und fand auch: Naja, ganz nett. Menschen wie die beiden Protas, die sich so sehr dem Partner anpassen und unterordnen, sind mir immer suspekt. Sie haben ja auch keine wirkliche Veränderung durchgemacht, sondern machten nach dem Urlaub so weiter wie bisher - nee, mit solchen Leuten kann ich nix anfangen :flöten

Aber das Setting Killarney fand ich gut :lol:


Ich auch. Und dazu den Wiener Dialekt. Kurios! :mrgreen:

Ansonsten kann ich Dir nur beipflichten. :abklatsch
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