Sue Limb - Die Voliere

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Sue Limb - Die Voliere

Beitragvon Multivitamin » 01.05.2007, 20:44

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Die Voliere. Historischer Roman.
Sue Limb
Ullstein Tb 1998 Broschiert 557 Seiten

In dem Thread "liebe obwohl die äusseren Umstände nicht passen" wurde dieses buch als Beispiel genannt und ich habe es mir gekauft, da schon etwas älter (1998) und daher billig.

Ich bin noch nicht ganz fertig aber ich muss sagen, es gefällt mir sehr gut. Vor Allem die Thematik ist sehr interessant und eine wohltuende Abwechslung.

Zur Handlung:

Anfang des 19. Jahrhunderts. Sophie Wetherby's Vater besitzt Zuckerrohrolantagen in der Karibik, auf Barbados und Soboto.
Die ganze Familie zieht aus England nach und nach ebenfalls dorthin.

Während alle anderen sich mit der Tatsache, dass es dort Sklaverei gibt arrangieren, wehrt sich Sophie von Anfang an dagegen und versucht, den Sklaven zu helfen und für sie da zu sein so gut sie kann.

Sie besitz eine Voliere voller schöner, exotischer Vögel und kommt sich auch selbst teilweise wie in einem Käfig vor, hat sie doch teilweise genausowenig Autonomität in ihrem Handeln wie die Sklaven.

Ausserdem gibt es dort noch einen Freund ihres Bruders, Charles Craig, der ziemlich aggressiv um sie wirbt und irgendwie ein bisschen..."pervers?"^^ auf mich wirkt (Holt sich zum Beispiel einen runter auf einen Brief den sie ihm geschrieben hat, weil er ihre kindliche Handschrift so geil findet ).

Sie interessiert sich nicht besonders für die Tätigkeiten, der jungen Damen aus besserem Hause, sondern ist viel lieber in der freien Natur unterwegs und möchte die welt sehen. Dabei freundet sie sich mit ihrem Haussklaven Julius an und aus der Freundschaft der beiden entwickelt sich bald mehr.


Was mir an dem Buch gefällt:

1. Held und Heldin sind beide unglaublich sympathisch und auch verhältnissmäßig autentisch.
Der Charakter Sophie ist ein wenig naiv, aber von solch einer Fröhlichkeit, Energie und Herzensgüte, dass man sie einfach mögen muss und es ihr auch gelingt, durch diese Art, jede schlimme Situation zu überstehen.

Der Charakter Julius gefällt mir ebenfalls. Oft ist es in Romance Büchern mMn so, dass der Held völlig stereotyp , leicht zu ersetzen und ohne Wiedererkennungswert ist, egal ob er nun Earl von Winchester oder Lord Drakensang heisst
Das ist hier anders. Man weiß bei Julius oft nicht genau, was er denkt und was er als nächstes tun wird.
Er wirkt oft verschlossen, kann aber auch sehr aus sich herausgehen und er ist kein "Überheld", sondern relativ "normal".
Auch wird eben sehr deutlich gemacht, dass es ein "ganz normaler" Afrikaner ist, ein Sklave (zur damaligen galt er nicht einmal als vollwertiger Mensch - und nicht, wie oft in einer "Cinderello trifft Prinzessin"- Story, dass er in "Wahrheit" doch irgendwoe eine Goldmine besitzt o.ä.
Das wird auch an seiner Sprache deutlich ("Nein, Miss. Ich habe keine Liebste. Ich spüre das nicht in mein Herz.")

Durch das von vornherein "auf den Kopf gestellte" Rollenverhältnis ergeben sich auch sehr interessante Dialoge und Situationen zwischen den beiden. Eigentlich ist er abhängig von ihr und ihr "unterlegen", aber manchmal ist das auch umgekehrt, nicht aufgrund von "Äusserlichkeiten", sondern es ergibt sich aus einem Gespräch oder wenn sie versucht, Zugang zu "seiner" Welt zu finden.



Ein weiterer Pluspunkt ist mMn, dass die Autorin sich nicht eeeeewig und seitenweise mit Körperbeschreibungen oder Gefühlsregungen aufhält. Das kann nämlich auch schnell ins Lächerliche abgleiten.

Also nicht 100 Mal "Seine Schultern waren so unglaublich breit und sein Kiefer so kantig, wie das aus Stein gemeisselte Gesicht eines griechischen Gottes... " oder "In seinen Lenden brannte es und aufkeuchend streckte er die Hand nach ihr aus, berührte sie aber (schonwieder, zum zehnten mal) nicht, denn er war sich seiner Pflicht als blablabla....

Ihr wisst sicher was ich meine

Sondern sie schreibt "wohldosiert" möchte ich es nennen, sodass die Leserin auch die Möglichkeit bekommt, ein wenig ihre eigene Fantasie zu benutzen. Ich weiß nicht, ob es jedermanns/fraus Sache ist, aber ich mag ihren Schreibstil.


Nebenbei erfährt man auch sehr viel über die Sklaverei im Allgemeinen und über ihre Lebensumstände. Teilweise kann man nur noch mit dem Kopf schütteln, wie es möglich ist, dass so mit Menschen umgegangen wurde (Ok, gelernt haben wir trotzdem ncihts, wenn man sich den Holocaust und Hiroshima anguckt...).

Ich finde das Buch sehr empfehlenswert und würde es wenn ich fertig bin, gerne als Wanderbuch vorschlagen.

:stern
Multivitamin
 

Beitragvon Gipsy » 07.05.2007, 17:36

Ich biete das Buch übrigens auch bei tt an ;) (nur mal so die Gunst der STunde nutzen und Schleichwerbung machen). Ich möchte aber noch darauf hinweisen, dass es sich eigentlich nicht um einen Liro, sondern um einen historischen Roman mit Liebesgeschichte handelt.

Ich persönlich fand das Buch streckenweise etwas langweilig, aber ganz nett. Ein Keeper wurde es bei mir allerdings nicht. Woran das liegt, kann ich aber nicht mehr sagen, es ist schon so lange her, dass ich es gelesen habe :???:

Aber, Multivitamin: du hast deine Rezi so überzeugend geschrieben, dass ich fast Lust kriege, das Buch doch noch mal zu lesen :lol:
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