von Belisama » 09.02.2008, 15:36
Hallo Ihr Lieben,
ich hatte Euch ja versprochen, meine Eindrücke von Campbells „Untouched“ aufzuschreiben.
Gereizt an dem Buch hatte mich die Ausgangssituation – endlich mal nicht „schöne, jungfräuliche Maid trifft Marquis ihrer Träume auf einem Ball des Ton“.
Nein, die beiden werden zusammengesperrt, damit er (angeblich an Wahnsinn leidend) sich mit ihr (Witwe und fälschlicherweise für eine Hure gehalten) vergnügen kann.
Und während die Bösewichter in diesem Buch so richtig böse sind und bedrohliche Situationen auch wirklich ausgereizt werden (gut, dass ich das Nägelknabbern schon vor Jahren aufgegeben habe!), sind die Helden mal nicht perfekt.
Grace hadert mit ihrer Vergangenheit und den Fehlern, die sie begangen hat, und den Schmerzen, die sie ihrer Familie zugefügt hat.
Matthew ist ein sehr sanfter und rücksichtsvoller Mensch, der sich mit ganzer Kraft an seine Vorstellung von ehrenhaftem Verhalten klammert, während er glaubt, an Wahnsinn zu leiden, und hat sich trotzdem längst in sein Schicksal gefügt.
Zur Abwechslung einmal ist die Jungfrau hier der Held.
Und zur großen Erleichterung der Leserin ist der erste Sex zwischen den beiden weit von der großartigen, alles verklärenden und überwältigend befriedigenden Klischee-Sexszene entfernt, die uns manche Autoren immer noch zumuten.
Wie Grace konnte ich dem Liebesschwur Matthews nach der ersten Liebesnacht nicht glauben.
Ihre Zweifel fand ich berechtigt, obwohl ich auch seinen Standpunkt nachvollziehen konnte.
Denn obwohl er so lange in Gefangenschaft war, konnte er diese wohl nur „intakt“ überstehen, indem er nie wirklich den Glauben an sich und seinen Gefühlen verlor.
Die Frage des angeblichen Wahnsinns mal ausgeklammert.
Beide müssen lernen, sich gegen die feindliche Umwelt zu behaupten und Vertrauen zueinander fassen. Schließlich schmieden sie einen Plan, der zumindest einem von ihnen die Freiheit schenken soll.
Ob und wie sie schließlich zueinander finden, lest es selbst. :-)
Natürlich gab es auch Kritikpunkte:
Man muß sich schon auf die Situation einlassen, um das Buch genießen zu können.
Aber ehrlich – niemand hat Fragen gestellt, als der junge und überaus reiche Marquis von der Bildfläche verschwand? Jeder hat den Geschichten seines Vormundes geglaubt, der damit praktischerweise die Kontrolle über das Vermögen seines Neffen erlangte?
Die Versöhnung zwischen Grace und ihrer Familie war viel zu glatt und einfach. Mir drängte sich der Eindruck eines Friede-Freude-Eierkuchen-Endes auf.
Und warum gesteht uns die Autorin nicht zu, dass wir das Trennungsjahr der beiden erleben?
Wir haben überhaupt keine Möglichkeit, die Entwicklung Matthews mitzuerleben, wie er die Freiheit erlebt, vielleicht auch an manchen Dingen scheitert und trotzdem an seiner Liebe zu Grace festhält.
Nein – sie trennen sich und schwups ist das Jahr rum und es kommt zum Wiedersehen.
Nein, das Ende hat mich wirklich enttäuscht.
Alles in allem war es ein Lesevergnügen, das vor allem dank der menschlichen Charaktere überzeugte. Ich empfehle es weiter.
Liebe Grüße
Katrin