Thomas Görden- Der Mönch und die Jüdin

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Thomas Görden- Der Mönch und die Jüdin

Beitragvon Lesefratz » 03.06.2008, 12:27

Thomas Görden- Der Mönch und die Jüdin
Verlag: Knaur/ 592 Seiten
ISBN: 978-3-426-62905-5
Erscheinungsdatum: 05/08
Genre: historischer Roman/Medieval/Deutschland

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Der Mönch und die Jüdin.
Thomas Görden
Droemer Knaur 2008-05 Taschenbuch 592 Seiten

Meine Bewertung: :D :D :D :D 1/2 von 5 Punkten


Klappentext:

Das Rheinland im Jahre 1146:
Als es den jungen, unerfahrenen Mönch Konrad nach Köln verschlägt, gerät sein Leben aus den Fugen: Er lernt die bezaubernde Jüdin Hannah kennen- und plötzlich zweifelt er an seiner Berufung. Ehe Konrad sich über seine Gefühle klar werden kann, geraten Hannah und ihre Familie in tödliche Gefahr. Fanatische Wanderprediger schüren ein Pogrom gegen die Kölner Judengemeinde. Konrad weiß nur einen Zufluchtsort: die Wolkenburg im nahe gelegenen Siebengebirge. Während er sich verzweifelt bemüht, Hannah vor den hasserfüllten Verfolgern zu schützen, muss er sich zugleich den Dämonen seiner Kindheit stellen....

Meine Zusammenfassung:

Der achtzehnjährige Konrad lebt seit vielen Jahren schon im Kloster und ist eigentlich zufrieden mit seinem Leben dort, auch wenn die Eintönigkeit für den lebhaften jungen Mann nicht immer leicht zu ertragen ist. Trotz dieser Ruhe und Abgeschiedenheit, wird er wiederholt von Alpträumen geplagt, in denen er sieht, wie eine Frau, ein Mädchen das ihr sehr gleicht und ein kleiner Junge von einer aufgebrachten Menschenmenge zu einem Scheiterhaufen geführt, dort festgebunden und anschließend dem züngelnden Flammentod überlassen werden..
Da Konrads Kindheitserinnerungen wie ausgelöscht sind, kann er nur vermuten, dass dieses schreckliche Ereignis in seinen Träumen etwas mit seiner Vergangenheit zu tun hat.

Eines Tages stirbt der von Konrad sehr geschätzte, aber sehr konservative Abt des Klosters und als vorübergehender Nachfolger wird der Mönchsritter Anselm von Berg bestimmt.
Anselm gibt Konrad ebenfalls viele Rätsel auf. Immer wieder versucht Anselm nämlich, Konrad insbesondere geistig zu fordern, indem er sich seine eigenen Gedanken über den Glauben, über die Menschheit im Allgemeinen und besonders über die Frauen machen soll; und zwar fernab von den üblichen aufgelegten Geboten und Zwängen der Kirche und das oftmals auf eine schroffe Art und Weise dargelegt, die Konrad sehr irritiert.
Daher sind seine Gefühle sehr zwiespältig, als ausgerechnet Konrad ausgewählt wird, zusammen mit Anselm und einem weiteren Mönch dem zukünftigen Abt entgegenzureiten und ihm sicheren Geleitschutz bis zum Kloster zu gewähren.

Die Reise wird zu einem echten Abenteuer für den Jungen und schnell stellt er für sich fest, dass er sein weiteres Dasein nicht allein in einem abgeschiedenen Kloster beschließen will. Er möchte reisen und die Welt mit eigenen Augen sehen.
Zunächst jedoch lernt er neue Menschen, wie den zukünftigen Abt seines Klosters kennen, die seine vorgefassten, klösterlichen, oft auch sehr weltfremden Meinungen, völlig auf den Kopf stellen und ihn zum Nachdenken anregen. Aber auch Anselm wird auf der Reise zu einem echten, väterlichen Freund und er lernt auch dessen Weltanschauung langsam zu schätzen, wenn er auch nicht in jedem Punkt mit ihm völlig überein stimmt.

In Bonn trifft die Reisegruppe auf einen Wanderprediger, der voller Hass gegen die jüdische Gemeinde vor dem Volk wettert. Die aufgebrachten Bürger der Stadt entwickeln sich daraufhin zu einem wütenden Mob, der den Juden Tod, Brandschatzung und Plünderung bringt.
Erschrocken von dem Erlebten kehren auch Konrads Alpträume wieder, doch die weitere Reise nach Köln und der Besuch auf der Wolkenburg, die von Freunden von Anselm von Berg bewohnt wird und wo Konrad unter anderem auf Brigid, die schöne und freundliche Burgherrin trifft, die ihm seltsam vertraut erscheint, lenken ihn schnell wieder von seinen eigenen Problemen ab.

In Köln kreuzen sich auch die Wege von Konrad und Hannah, einem jüdischen Mädchen, das Konrad bei einem hinterhältigen Angriff von Kölner Handelsleuten in letzter Minute retten kann. Er verliebt sich Hals über Kopf in die schöne, junge Frau, die genau wie er Bücher und Berichte über ferne Reisen über alles liebt und auch ihr geht es nicht anders. Doch kann eine Liebe zwischen einem Christ und einer Jüdin in diesen unruhigen und gefährlichen Zeiten überhaupt eine Chance haben? Und dann kommt zu allem Überfluss auch der Hassprediger aus Bonn nach Köln, um dort ebenfalls Unheil anzurichten....

Meine Einschätzung:

„Der Mönch und die Jüdin“, war für mich der erste Roman des Autors und bestimmt nicht der Letzte.
Ich war überrascht, wie gut es Thomas Görden gelungen ist, die rheinischen Orte im Mittelalter darzustellen und das Flair dieser Zeit vor meinem geistigen Auge entstehen zu lassen. Zudem werden die Ansichten der Kirche, der Aberglaube der einfachen Menschen und die der jüdischen Gemeinde so gut vermittelt, dass ich als Leser selbst einige Male zum Nachdenken angeregt wurde.
Dies ist nicht nur ein Buch, dass über eine eigentlich unmöglich umzusetzende Liebesgeschichte handelt, sondern auch ein Buch, das den Leser nachdenklich machen soll. Es zeigt, wie gefährlich fanatischer Hass in Verbindung mit Aberglauben sein kann und wie haltlose Vorurteile gegenüber anders denkenden oder einer anderen Rasse zugehörigen Menschen, schnell zu einer Katastrophe führen können.
Was ich besonders an diesem historischen Roman zu schätzen weiß, ist, dass es der Autor stets vermeidet, für die ein oder andere Gruppe Partei zu ergreifen. Stattdessen bietet er durch intelligente Dialoge der Romanfiguren genug Raum, um den Leser selbst zum Nachdenken anzuregen und beschränkt sich darauf, eine unterhaltsame und streckenweise auch sehr spannende Geschichte zu erzählen.
Die männliche Romanfigur Konrad ist ein junger Mönch, mit anfangs sehr strengen, ziemlich weltfremden Ansichten, die er aber durch den positiven Einfluss seiner beiden Mitreisenden nach und nach revidieren muss und ihn erkennen lassen, dass im Leben nicht immer alles schwarz oder weiß ist. Diese bittere Erkenntnis offenbart sich ihm vor allen Dingen, als er am Ende des Buches das Geheimnis seiner Herkunft lüften kann.
Ihm zur Seite gestellt wurde Hannah, eine junge sehr selbstbewusste und belesene Frau, die ebenfalls vor einer schwerwiegenden Entscheidung gestellt wird. Soll sie den üblichen Weg einer jüdischen Frau beschreiten, heiraten, Kinder bekommen und ihre Träume von fernen Reisen aufgeben, dafür aber ihre Familie in Sicherheit wissen, oder lieber auf die große Liebe warten, die hoffentlich ihre Vorlieben teilt?
Obwohl die beiden Hauptfiguren des Buches sehr sympathisch dargestellt sind, habe ich doch die Nebenfiguren noch viel mehr ins Herz geschlossen. Ob es sich da um den eine leicht ironisch verklärte Weltanschauung besitzenden Mönchsritter Anselm handelt, den Geistlichen Gilbert, der immer nur das Gute im Menschen sieht, oder um Hannahs Vater, dem Juden Joseph, der die Welt mit der ruhigen Gelassenheit und Weisheit des Alters betrachtet. Jeder von ihnen bringt dem Leser eine Botschaft bzw. eine besondere Denkweise näher, wenn er sich darauf einlassen möchte, die interessant vom Autor in Szene gesetzt wird.
Das und der historische Hintergrund des Buches machen den Roman zu einem unterhaltsamen Werk, dass trotz leichten Längen zum Ende des Buches hin, mehr ist, als nur ein leichter Schmöker für zwischendurch.

:stern
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Beitragvon monalisa » 03.06.2008, 12:30

super Rezi !!!! Man...da hast du dir aber mächtig viel Mühe gegeben !!!

Ist genau mein Ding das Buch...und schwups landete es auf meinem WZ :flöten
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Beitragvon Gänseblümchen » 03.06.2008, 14:05

wow, die Rezi macht Lust auf mehr :D Das Buch ist auf meiner WL gelandet, das möchte ich gerne mal lesen. ;)
Bücher sind wie Salzwasser. Je mehr man davon trinkt, desto durstiger wird man.

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Beitragvon Lesefratz » 03.06.2008, 18:08

Danke Euch beiden. Das ist lieb. :gruppenumarmung
Hoffentlich gefällt es Euch auch so gut wie mir. :D

Liebe Grüße
Nicole
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