Die Dienerin des Schwertes von Ellen Kushner

Liebesromane mit phantastischen und/oder mystischen Elementen

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Die Dienerin des Schwertes von Ellen Kushner

Beitragvon SchneeMcKettrick » 28.06.2008, 23:25

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Die Dienerin des Schwertes
Ellen Kushner
Goldmann 2008-07 Broschiert 541 Seiten


Klappentext:
Katherine ist überglücklich: Ihr Onkel, der Herzog von Tremontaine, hat sie zu sich auf sein Anwesen eingeladen. Das Mädchen vom Land kann es kaum erwarten, in die Gesellschaft von Riverside eingeführt zu werden und vielleicht sogar einen Ehemann zu finden. Doch dann kommt alles anders. Der Herzog findet es amüsanter, sie in der Fechtkunst unterweisen zu lassen, und die verheißungsvolle Stadt entpuppt sich schnell als Labyrinth von Intrigen, Geheimnissen und Gaunern. Wenn Katherine hier überleben will, muss sie kämpfen - für sich, ihre Familie und ihre Liebe ...

Meine Rezension:
Katherines Familie droht der finanzielle Ruin. Ihr Onkel, der „irre“ Herzog, eröffnet der Familie eine Möglichkeit, an Geld zu kommen: Katherine muss sich in seine Obhut begeben und sich von ihm ausbilden lassen.
Katherine ahnt nicht was auf sie zukommt. Sie rechnet mit Unterricht für eine Dame und hofft auf hübsche neue Kleider- doch ihr Onkel plant aus ihr eine Degenkämpferin zu machen.
Anstatt den erhofften Kleidern wird das junge Mädchen in Jungenkleider gesteckt und muss fleißig mit dem Degen trainieren. Anfangs ist sie nicht davon begeistert, doch dann entdeckt sie in der Bibliothek ein Buch über bekannte Degenkämpfer und ist plötzlich sehr angetan vom „Tanz mit dem Degen“.
Als ihre neu gewonnene Freundin in eine brenzlige Situation gerät, liegt es an Katherine die Ehre ihrer Freundin zu retten…

Zu Beginn des Buches war ich etwas irritiert darüber, ob dieses Fantasybuch nicht vielleicht doch eher ein historischer Roman ist. Aber Nein! Auf dem Klappentext stand ganz eindeutig, dass dieses Buch für einen amerikanischen Fantasypreis nominiert ist/war. Der Hintergrund des Romans ist aber dennoch historisch angehaucht, die Sprache ist eher modern und das Fantasyelement sehe ich im Zwischenspiel dieser beiden Welten- ebenso den Degenkampf.
Die Liebe spielt im Buch auch eine Rolle. Keine vordergründige, aber Katherine lernt einen treuen Freund kennen, mit dem sie ihre ersten Erfahrungen macht, und auch ihr Onkel, welcher bisexuell ist, erlebt noch seine Überraschung.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr locker und flüssig, richtige Spannung kommt aber leider erst nach der Hälfte des Buches auf. Der Wechsel von der Ich-Erzählerin zu der beobachtenden Position war zunächst gewöhnungsbedürftig, sorgte aber dafür, dass man die Geschichte aus mehreren Sichten erleben konnte.
Die Charaktere möchte ich als außergewöhnlich beschreiben. Besonders der Herzog entspricht keinem Klischee und hebt sich von der Masse auf. Ab und an hätte ich mir jedoch etwas mehr Tiefe der Figuren gewünscht.
Insgesamt ein solider Roman, welcher für gute Unterhaltung sorgt, der aber ein paar weitere Fanasyelemente sicher gut vertragen hätte

Bewertung:
7 von 10 Punkten

:stern
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Beitragvon Wildfee » 30.09.2008, 07:47

Meine Meinung:
"Dienerin des Schwertes" ist in mehrfacher Hinsicht ein ungewöhnlicher Roman. Zum einen lässt sich der Roman nur schwer einem Genre zuordnen. Von der inhaltlichen Grundstimmung her fühlt man sich in die Zeit des Regencys versetzt, was die Gesellschaftsformen und Umgangsformen angeht.
Da es jedoch sehr viele Degenkämpfer gibt, hat der Roman stellenweise einen französisch/italienischen Flair und manch kleine Nebensächlichkeit (es wird von Göttern gesprochen) stellt doch klar, das es sich um eine Fantasywelt handelt.
Ungewöhnlich ist auch die Erzählform. Die Erzählperspektive wechselt, Katherine erzählt in Ich-Form, während der Herzog auktorial beschrieben wird. Zum einen ist man dadurch nahe an Katherines Gedanken, andererseits wirkt der Herzog umso undurchsichtiger.
Ungewöhnlich sind auch die Charaktere. Die eigentliche Hauptperson Katherine verblasst beinahe nebem dem ambivalenten Herzog. Katherine ist unbestreitbar naiv und leicht zu beeinflussen, während Tremaine, zunächst aus ihrer Sicht geschildert, alles andere als sympathisch ist. Im Lauf des Romans entwickelt der irre Herzog jedoch interessante Facetten, die ihn in ganz anderem Licht erscheinen lassen. Katherines Charakter fesselt nicht wirklich, allerdings ist das wohl auch gar nicht beabsichtigt. Sie wird vielmehr wie ein ganz normales adeliges Mädchen beschrieben, das mit sich und ihrer Umwelt hadert, manchmal romantisch verträumt ist und sich dann doch in die ihr aufgezwungene Rolle findet. Durch seine Vielschichtigkeit ist Tremaine der eigentliche Held des Romanes.
Erotik und Romantik spielen in dem Roman nur eine untergeordnete Rolle, dadurch dass Tremaine jedoch bisexuell ist und recht freizügig mit seiner Gunstverteilung, kommt der Roman um ein Stück harmlose Erotik nicht herum.

Meine Wertung:
8,5 von 10
Zuletzt geändert von Wildfee am 17.02.2010, 19:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Hat die Blume einen Knick, war die Hummel wohl zu dick.
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Beitragvon Gipsy » 30.09.2008, 08:34

@Wildi: Wenn dich der Herzog fasziniert hat, würde ich auf jeden Fall den Vorgängerband "Swordspoint" (nicht ins Deutsche übersetzt) lesen, in dem er die Hauptperson ist ;)
Ich kenne das Buch nicht, da mich "Privilege of the Sword" (Dienerin des Schwertes) nicht so begeistert hat, dass ich mehr über diese Welt erfahren wollte. Aber es hat auf jeden Fall gute Kritiken bekommen ;)

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Swordspoint: A Melodrama of Manners
Ellen Kushner
Bantam Dell 2003-02 Taschenbuch 368 Seiten
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Ellen Kushner: Die Dienerin des Schwertes (Fantasy?)

Beitragvon Calathea » 01.10.2008, 12:52

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Die Dienerin des Schwertes
Ellen Kushner
Goldmann 2008-07 Broschiert 541 Seiten


Originaltitel: The Privilege of the Sword

Inhalt: Liebe und Verrat, Intrigen und Geheimnisse und eine mutige Heldin mit Herz und einer scharfen Klinge
Katherine ist überglücklich: Ihr Onkel, der Herzog von Tremontaine, hat sie zu sich auf sein Anwesen eingeladen. Das Mädchen vom Land kann es kaum erwarten, in die Gesellschaft von Riverside eingeführt zu werden und vielleicht sogar einen Ehemann zu finden. Doch dann kommt alles anders. Der Herzog findet es amüsanter, sie in der Fechtkunst unterweisen zu lassen, und die verheißungsvolle Stadt entpuppt sich schnell als Labyrinth von Intrigen, Geheimnissen und Gaunern. Wenn Katherine hier überleben will, muss sie kämpfen - für sich, ihre Familie und ihre Liebe...

Meine Meinung: Die Inhaltsangabe auf der Rückseite des Buches ist (wie leider all zu häufig) irreführend. Der Herzog erpresst die Familie seiner Schwester, damit Katherine zu ihm in die Stadt geschickt wird. Es ist von vornherein klar, daß sie dort zur Degenfechterin ausgebildet werden soll. Was ihr nur nicht klar war, ist, daß ihr Onkel (der auch 'der irre Herzog' genannt wird) sie in Jungensachen steckt, sie nicht in die Gesellschaft einführt und sie dann erstmal für Wochen vergißt. Ihre einzigen Kontakte sind zunächst ihre Fechtlehrer und die Diener. Von Liebe ist hier kaum die Rede und daß sie darum kämpfen müsse... tja, da muß ich wohl was überlesen haben ;)
Auch der deutsche Titel trifft nicht den Kern der Sache. Der Originaltitel bezieht sich auf ein Konzept des Buches, das den Adeligen erlaubt, ihre Streitigkeiten mit dem Degen auszutragen oder austragen zu lassen, während alle anderen direkt abgeurteilt werden.

Das Buch ist in einem eigenwilligen Stil geschrieben. Manche Kapitel sind in Ich-Form aus der Sicht Katherines geschrieben, andere in dritter Person, wenn es um Dinge geht, die nicht Katherine betreffen, so z.B. die Erlebnisse von Lady Artemisia (Katherines Freundin, die sie allerdings bis zur Mitte des Buches nur einmal getroffen hat), die Geschäfte des irren Herzogs oder anderer Charaktere. Das macht aber einen Teil des Charmes dieses Buches aus, nämlich das man immer wieder Katherines jugendliche, unwissende Sichtweise erfährt, was teilweise zum Schmunzeln ist. (z.B. "Weißt du eigentlich was ein Straßenstrich ist?!" "Natürlich, es muß irgendeine Linie sein, die auf die Straße gemalt ist...")
Die Schreibweise ist sonst locker und sehr eingängig und sehr gut lesbar.

Ein wichtiger Handlungsstrang behandelt das Erwachsenwerden der beiden Mädchen Katherine und Artemisia, die zunächst gleiche Ausgangsbedingungen haben (beide sind wohlerzogene Töchter, die vom Leben keine Ahnung haben), sich dann aber unterschiedlich entwickeln, da Artemisia in der Gesellschaft nach einem Ehemann sucht und Katherine, zunächst eher unwillig, im Degenfechten unterrichtet wird.
Neben dieser Handlung bekommt aber auch der Herzog einen eigenen Anteil an diesem Buch und auch anderen kleineren Charakteren wird eine eigene Geschichte gegönnt, was am Schluß dazu führt, daß einiges etwas unfertig wirkt und ein paar lose Fäden bleiben. Natürlich geht es auch immer wieder um Beziehungen zwischen Männern und Frauen (oder Männern und Männer bzw. Frauen und Frauen), aber es gibt keine Liebesgeschichte im engeren Sinne. Erfreulich ist, daß dies alles mit einer natürlichen Lockerheit behandelt wird.

Das ich etwas Probleme mit der Einordnung des Buches habe, liegt auch an der Szenerie, in der die Geschichte spielt. Es wird zwar als Fantasy verkauft, hat aber sehr starke Anklänge an die Zeit der Musketiere. Auf mich wirkt die Stadt wie etwas, das entsteht, wenn ich mir keine Mühe machen möchte, für einen historischen Roman zu recherchieren und statt dessen auf alles zurückgreife, was mir über europäische Geschichte einfällt. Und so entsteht ein wilder Mix aus französicher, italienischer und englischer Geschichte des 17./18. Jahrhunderts.

Trotz oder gerade wegen alledem hat das Buch eine gewisse Leichtigkeit und einen mitreißenden Lesefluß, die es zu einem wirklich guten Schmöker machen, den ich nur weiterempfehlen kann.

Daher gibt es 4 von 5 Punkten.

LG
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