Barclay Linwood, Dem Tode nah

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Barclay Linwood, Dem Tode nah

Beitragvon LillyV » 29.09.2008, 14:10

Bild
Dem Tode nah
Linwood Barclay
Ullstein Tb 2008-10-01 Broschiert 512 Seiten

Autor
Linwood Barclay: geboren in den Vereinigten Staaten
Abschluss in Literaturwissenschaften, Trent University / Petersborough (Ontario), langjährig tätig als Journalist und Kolumnist, verheiratet, 2 Kinder

Buchinhalt
Derek Cutters ausgeklügelter Plan, das Nachbarhaus der Familie Langley eine ganze Woche für sich und seine Freundin Penny Tucker nutzen zu können, endlich mal seine Ruhe vor den Erwachsenen zu haben, scheint zunächst aufzugehen. Doch während er noch vergeblich auf Penny wartet, geschieht das Unfassbare.
Die Langleys kommen aufgrund Unwohlseins Mrs. Langleys zurück nach Hause. Während Derek noch überlegt wie er dieser Situation entkommt, erscheinen zwei Besucher. Derek wird unfreiwillig Zeuge eines Dreifachmordes: einer nach dem anderen wird die komplette Familie Langley erschossen.
Aus Angst vor den Konsequenzen verrät er Eltern und Polizei vorerst nichts.

Meine Meinung

Dreh- und Angelpunkt des Plots ist Derek Cutters Erlebnis im Keller der Familie Langley.
Während der Prolog noch Dereks Sicht der Dinge widerspiegelt, erleben wir das weitere Geschehen an Kapitel 1 durch Jim Cutters Augen, Dereks Vater.
Die Ich-Perspektive hat den Vorteil, nur die Gedanken und Vermutungen einer Person zu kennen. Somit bleibt genug Rätselspaß während der gesamten Handlung.
(Auch wenn ich hier und da tatsächlich doch einen Penny für anderer Protagonisten Gedanken geben würde. ;-) )

Barclays Ideenreichtum drückt sich insbesondere in der Vielfalt vorkommender Charaktere aus. So treffen wir unter anderem – ohne zuviel vom Inhalt preiszugeben – auf einen unentdeckten Künstler im Gärtnerservice, einen Politiker, der wahrlich kein Saubermann ist, einen Chauffeur mit zahlreichen zwielichtigen Kontakten, der selbst das Unmögliche möglich macht, einen fragwürdigen Bestsellerautor, einen vermeintlichen Selbstmörder, einen homosexuellen Lehrer, skrupellose Gangster und Mitglieder des Syndikats, eine ahnungslose Seniorin, einen irrenden Detective, einen Bankräuber, minderjährige drogenabhängige Mädchen des horizontalen Gewerbes, sowie Ehefrauen, die es mit der Treue nicht so genau nehmen.

Die unterschiedlichen Persönlichkeiten sind gut herausgearbeitet, was die verschiedenen Handlungsstränge lebendig, größtenteils glaubwürdig macht und eine gewisse Nähe vermittelt.

Was als zufällige Einstreuung verwirrender Elemente beginnt, mausert sich mit zunehmender Anzahl von Seiten als parallele Rätsel, die zunächst austauschbar als mögliche Hintergründe der Ermordung der Familie Langley scheinen, sich am Ende des Buchs jedoch nach und nach differenzieren und als ureigene Aspekte aufklären.
Besonders gefallen mir die kleinen aber feinen Details und Hinweise mit denen Barclay seinen Roman gespickt hat. Da schrillt bei vielen Thriller- / Krimifans doch sicher gleich die Alarmanlage: Achtung, Achtung – hier haben wir einen Meilenstein zur Lösung diverser Situationen und Umstände.
So fiel mir beispielsweise sofort das Telefon neben dem Sofa im Keller auf (Seite 18) oder der kurz erwähnte Laptop (Seite 153), ebenso wie das gut beschriebene verbogene Rasenmähermesser im Regal (Seite 266).
Unweigerlich macht das Herz einen freudigen Hüpfer, wenn eben genau diese scheinbar unwichtigen Kleinigkeiten wahrgenommen, an anderer Ort und Stelle wieder aufgegriffen werden und schließlich keine unbedeutenden Nebensächlichkeiten mehr sind.

Und eins muss ich Linwood Barclay lassen: Mit dem Ohrstecker hat er mich erfolgreich getäuscht! Ich war (aus eigener Erfahrung) felsenfest davon überzeugt, dass der Stecker bei der panischen Entledigung seines Shirts abhanden kam (Seite 13/14) und damit im Stauraum des Kellers entdeckt wird.
Wo er tatsächlich aufgefunden wird und bei welcher Gelegenheit Derek ihn dort verlor, kam selbst für mich ziemlich überraschend, noch dazu passend zur Aussage der Schwester von Donna Langley – wer hätte das gedacht!

Allerdings der wieder und noch mal erwähnte Briefkasten, vielfach in Kombination mit Vermutungen über einen schlichten Irrtum, ist schon kein ‚Wink’ mehr mit dem Zaunpfahl, sondern ein ‚kräftiger Hieb’! Und spätestens in Kapitel 32 wird auch der ungeübte Thriller- / Krimifan Lunte riechen.

Barclay verfügt über einen sympathischen, angenehm flüssigen Schreibstil und versteht es, mit Spannungsspitzen umzugehen, so dass während des gesamten Buchs keine Langeweile aufkommt.
Die wahrlich gelungene Unterhaltung tröstet über das leicht idealisierte Ende und den ein oder anderen Fehler im Text definitiv hinweg.

Fazit
Für den routinierten Thriller- / Krimifan vorhersehbar, dennoch unterhaltsam und fesselnd, für ungeübte Leser ein überraschendes Kompendium an Genre-Elementen, kann ich ‚Dem Tode nah’ guten Gewissens weiterempfehlen.

8 von 10 Punkten[/color]
:stern
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Beitragvon Lenya » 29.09.2008, 14:59

Das Buch möchte ich auch unbedingt noch lesen :D Klingt auf jeden Fall gut. Etwas vorhersehbar war das erste Buch der Autorin auch, trotzdem fand ichs super!
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Beitragvon blaueblume1 » 29.09.2008, 15:02

Lenya hat geschrieben: Etwas vorhersehbar war das erste Buch der Autorin auch, trotzdem fand ichs super!


Ist ein ER ;)

Ich bin aber auch total gespannt auf dieses Buch, den ersten fand ich auch gut! :D
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Beitragvon Lenya » 29.09.2008, 18:12

blaueblume1 hat geschrieben:
Lenya hat geschrieben: Etwas vorhersehbar war das erste Buch der Autorin auch, trotzdem fand ichs super!


Ist ein ER ;)



Ja, eigentlich weiß ich das sogar :lol:
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Beitragvon blaueblume1 » 29.09.2008, 18:43

Lenya hat geschrieben:Ja, eigentlich weiß ich das sogar :lol:


:lol:
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Beitragvon urlaubsbille » 09.11.2008, 12:11

Von Anfang an wird Spannung aufgebaut, die auch gut gehalten wird. Zwischendurch werden die Personen mit Wissenswertem beschrieben und nach und nach wieder alle Fäden zusammengezogen.

Erst auf den letzten 20 Seiten wird aufgeklärt, wer der Mörder ist. Bis dahin bleibt viel Raum für Spekulationen.
Ein gut geschriebener Thriller, der Spaß gemacht hat.
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Beitragvon Jenny » 09.11.2008, 13:03

Und mein Wunschzettel wächst und wächst ;)
Vielen Dank für die tolle Rezi :lol:
Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen
(Peter Ustinov)
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Beitragvon patwelli » 21.11.2008, 10:40

Die ersten Sätze - und man ist mitten drin in der Geschichte, so liebe ich das bei Thrillern. Auch das zweite Buch von Linwood Barclay besticht durch Spannung von Anfang an, man kann prima miträtseln und bekommt auf fast jeder Seite neue Anhaltspunkte geliefert.

Gewiefte Thrillerleser haben natürlich sofort ihre Mutmaßungen, wer warum dahintersteckt und was der Auslöser für die Taten gewesen ist. Scheinbare Zufälligkeiten vereinen sich dann zum Schluß zu der durchaus logischen Auflösung. Das Motiv war jetzt auch nicht wirklich Neues, ich hatte es schon recht früh erahnt, aber die Umsetzung bis zur Auflösung war einfach spannend geschrieben. Und es war ja auch nur ein Motiv von anderen möglichen - es hätte auch durchaus anders ausgehen können.

Die beiden Hauptprotagonisten, Derek und Jim Cutter, fand ich durchweg sehr sympathisch und ihre Beweggrunde sehr realistisch und nachvollziehbar, halt zwei Männer, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen und immer versuchen, das Beste aus jeder Situation zu machen. Wohingegen ich mit Ellen, Jims Frau und Dereks Mutter so meine Schwierigkeiten hatte, mit ihr bin ich einfach nicht warm geworden und sie wurde mir auch immer unsympathischer. Ihre Handlungen konnte ich nicht immer so verstehen und habe mich so manches Mal ziemlich über sie geärgert - hier hätte ich mir schon ein anderes Ende gewünscht *gg*.

Das Buch ist auf alle Fälle lesenswert, ich habe es verschlungen, ein solider, handfester Thriller, der auch so einige Überraschungen beinhaltet.
Meine verwendeten Bilder habe ich entweder selbst erstellt oder sie kommen von dieser Seite

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Beitragvon Lenya » 21.11.2008, 12:33

Falls das jemand für 1 TT abgeben würde, bitte melden :) Danke
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Beitragvon Lenya » 23.03.2009, 16:02

Inhalt

Die Familie von Dereks bestem Freund Adam möchte für eine Woche in den Urlaub fahren. Daher hält es der 17-jährige für eine passende Möglichkeit, ein bisschen mit seiner Freundin Penny allein zu sein. So besucht er seinen Freund Adam am Tag der Abreise, gibt vor sich zu verabschieden und versteckt sich dann heimlich im Keller der Familie.
Leider kehren die Langleys bereits kurz nach ihrer Abfahrt schon wieder nach Hause zurück, so dass Derek beschließt, weiter versteckt zu bleiben, bis alle schlafen gehen, ums ich dann aus dem Haus zu schleichen. Im Keller hört er dann, dass es an der Haustür klingelt und sein Freund Adam sowie dessen Eltern erschossen werden. Unter Schock läuft er nach Hause und traut sich nicht, von den Ereignissen zu erzählen, die bald sehr viele Fragen aufwerfen…

Kritik

Nachdem mir Linwood Barclays erster Roman „Ohne ein Wort“ gut gefallen hat, war ich natürlich auch auf seinen neusten Thriller gespannt. Schon der Klapptext sprach mich sehr an und ich wollte unbedingt wissen, was der Autor aus der Grundidee gemacht hat.

Erzählt wird die Geschichte nur im ersten Kapitel von Derek, danach erfährt man alles aus der Sicht seines Vaters in der Ich-Form. Die Charaktere im Buch sind stark stereotyp gehalten, trotzdem hat man nie das Gefühl, wirklich alles über sie zu wissen. Da alles aus Jims Sicht geschildert wird, stellt sich der Leser natürlich dieselben Fragen, welche auch ihm durch den Kopf gehen.
Die Story selbst ist durchaus spannend und lässt sich flüssig lesen. Man möchte natürlich selbst gern wissen, wer die Langleys umgebracht hat und aus welchem Grund. Trotzdem erreicht der Thriller nicht die atemlose Spannung, die man sich eigentlich wünschen würde. Das Handeln der Personen ist nicht in jedem Fall nachvollziehbar und die Handlung nimmt Wendungen, denen der Leser teilweise nur schwer folgen kann.

Leider ist auch ein größerer Logikfehler in der Handlung zu finden, von dem ich mir gewünscht hätte, dass er zum Ende hin noch aufgelöst wird. Ich werde ihn an dieser Stelle aber nicht verraten, weil er anderen vielleicht gar nicht besonders auffällt.
Alles in allem ist „Dem Tode nah“ auf jeden Fall ein solider Thriller, den man gerne liest.

Fazit

Ein solider Thriller, der gute Unterhaltung bietet.
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