Die unbeugsame Dame von Deeanne Gist

historische Liebesromane deren Geschichte in Amerika spielt

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Die unbeugsame Dame von Deeanne Gist

Beitragvon SchneeMcKettrick » 24.10.2008, 22:20

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Die unbeugsame Dame: Roman
Deeanne Gist
Gerth Medien 2008-09 Gebundene Ausgabe 380 Seiten


Klappentext:
San Francisco, 1849: Während des Goldrausches machen sich Jacob Van Buren und seine drei Kinder auf den Weg nach Kalifornien. Als das Familienoberhaupt die strapaziöse Überfahrt nicht übersteht, sind die Geschwister plötzlich auf sich allein gestellt. Obwohl San Francisco eine Stadt des Lasters ist, versucht Rachel, ihre beiden jüngeren Geschwister anständig zu erziehen. Doch je länger ihr Aufenthalt dort dauert, desto schwerer fällt es, sich nicht dem Lebensstil aller anderen anzupassen. Und zu allem Überfluss muss sich Rachel eingestehen, dass sie ihr Herz schon lange an den gutaussehenden Spieler Johnny Parker verloren hat

Meine Rezension:
Rachel Van Buren ist von heute auf morgen das Familienoberhaupt geworden. Auf einer Schifffahrt nach San Francisco verstarb ihr Vater und lässt Rachel mit ihren beiden Geschwistern zurück.
In San Francisco angekommen ist Rachel erschrocken über die große Stadt, in der sich ihr Vater das große Geld erhofft hat. Saloons, Hütten, Zeltlager und FReundenhäuser ebnen die Straßen der männerdominierenden Stadt, ehrbare Frauen wie sie, sind hier nicht zu finde. Dementsprechend ist der Andrang der Männer eine “Sonnenhutfrau“, wie anständige Frauen hier genannt werden, für sich zu gewinnen sehr groß. Rachel lässt sich davon aber nicht beeindrucken und versucht das Leben ihrer kleinen Familie aus eigener Kraft in den Griff zu bekommen.
Johnny Parker, Saloonbesitzer (aber kein Spieler, wie es im obigen Text heißt) gibt Rachel die Möglichkeit in der Stadt Fuß zu fassen und kommt Rachel dabei näher als er jemals wollte- von christlichen, ehrbaren Frauen hat er die Nase bis oben hin voll und hält sie allesamt für Heuchler.
Doch schon bald können die Liebenden ihre Zuneigung zueinander nicht mehr leugnen, ihre Herzen und Münder lassen sich nämlich keineswegs vom Verstand leiten.
Während Rachel noch mit ihren Gefühlen zu Johnny kämpft, kommen weitere große Probleme auf die Familie zu- ihre Geschwister entgleiten ihr immer mehr, und Rachel muss einsehen, dass ihre moralischen Grundsätze nicht immer praktisch anwendbar sind…

„Die unbeugsame Dame“ ist ein fantastischer historischer Liebesroman, der mich völlig in seinen Bann zog.
Wer hier einen eingestaubten, langweiligen und moralisierenden christlichen Roman erwartet, wird ihn definitiv nicht finden. Das Buch bietet facettenreiche Charaktere die weder schwarz noch weiß sind, christliche Moralvorstellungen werden auf die Probe gestellt und Rachel muss das eine oder andere mal erkennen, dass Güte und Herzenswärme viel mehr bedeutet als das einhalten sämtlicher strengen Sitten die sie seit Kindesbeinen an beigebracht bekommen hat.
Einerseits ist Rachel herrlich naiv und merkt es nicht immer sofort wenn man sie aufs Korn nimmt. Beispielsweise als sie sich mit Johnny über die Namen ihrer Pferde unterhält, und anmerkt, dass der Name seines Pferdes, Jim Beam, ein sehr viel ehrbarer Name wäre als das ihres Pferdes(Sweet Lips)- natürlich weiß sie nicht, dass Jim Beam Alkohol ist und Johnny grinst lieber in sich hinein als sie darüber aufzuklären. Neben ihrer Naivität ist Rachel aber auch sehr mutig und wortgewandt, für ihre Geschwister riskiert sie einiges und wirft sich sogar in Hurenkleidung und Männerhosen um deren Ehre zu verteidigen.
Besonders erwähnenswert ist auch, dass die Autorin sehr viel über San Francisco zu dieser Zeit gelesen hat und so gut wie möglich historisch korrekt darstellt. Viele kleine Begebenheiten im Roman hat sie aus Tagebüchern dieser Zeit entnommen und in ihre Geschichte eingeflochten.Diese Liebe zum Detail merkt man der Erzählung auch wirklich an.
Nicht zuletzt durch den flüssigen und humorvollen Schreibstil der Autorin ist das Buch ein wahrer Lesegenuss, den ich förmlich verschlungen habe.


Bewertung:
10 von 10 Punkten

:stern
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Beitragvon Jenny » 25.10.2008, 07:39

Und schon wieder ein Buch mehr auf meinem WZ ;)
Vielen Dank für die Rezi. Hört sich richtig gut an.
Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen
(Peter Ustinov)
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Beitragvon monalisa » 25.10.2008, 08:34

das hört sich ja supi an...ich glaube das wäre auch genau das Richtige für mich :D
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Beitragvon Gipsy » 25.10.2008, 12:51

Danke dir, Schnee :) Klingt wirklich gut. Das andere Buch der AUtorin hab ich noch auf dem SUB, dann rutscht das mal weiter nach oben ;) Man merkt also der Geschichte nicht an, dass es als Inspirational publiziert wurde, oder?
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Beitragvon SchneeMcKettrick » 25.10.2008, 13:05

Natürlich merkt man das schon, aber es wird kritisch damit umgegeangen und nicht alles schwarz/weiß gesehen. Gerade bei diesem Buch fand ich die Auseinandersetzung damit sehr gelungen und spießig war der Roman auch gar nicht.
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Beitragvon patwelli » 25.10.2008, 13:08

Der ist mir im neuen Loveletter auch schon aufgefallen *gg*
Meine verwendeten Bilder habe ich entweder selbst erstellt oder sie kommen von dieser Seite

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Beitragvon Saoirse » 24.05.2009, 12:35

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Beitragvon patwelli » 29.12.2010, 00:43

Rachel van Buren ist ein Sonnenhut. So werden in San Francisco, zur Zeit des Goldrausches, die ehrbaren Frauen genannt. Sonnenhüte werden geheiratet, und schon auf dem Weg in die Stadt fliegen ihr die Heiratsanträge nur so um die Ohren. Dabei wollte sie doch eigentlich mit ihrem Vater und ihren beiden jüngeren Geschwistern, Lissa und Michael, sich den Goldsuchern anschließen. Ihr Vater hat in ihrem Heimatort alles verkauft und ließ sich vom schnellen Reichtum verlocken. Zu ihrem Leidwesen verstarb er aber auf der Hinfahrt und lässt seine Kinder nun alleine und fast mittellos zurück. Und das in einer Stadt, in der es nicht viel Anstand und Moral gibt. Glücksspiel, Alkohol und Bordelle florieren, für eine anständige Frau ist es sehr schwer, sich ihren Lebensunterhalt auf ehrliche Art und Weise zu verdienen. Rachel gibt allerdings nicht auf, wer weiß, warum es sie ausgerechnet hierhin verschlagen hat.

Schnell macht sie die Bekanntschaft mit dem Saloonbesitzer Johnnie Parker, der die einzige, halbwegs brauchbare Bleibe für sie und ihre Geschwister zur Verfügung stellen kann. Zum Ausgleich putzt sie sein Hotel und kocht für ihn, denn in San Francisco ist alles dreckig - die Männer, die Betten, die Behausungen, die Straßen - einfach alles. Rachel lässt sich nicht unterkriegen und arbeitet hart, auch mit Hilfe ihrer beiden Geschwister. Ihre Integrität ist ihr wichtig, ihre Moralvorstellungen hoch. Damit verdient sie sich aber auch den Respekt ihrer Mitmenschen, bald schon ist sie ein anerkanntes Mitglied der Gemeinde. Johnnie fühlt sich mehr und mehr von ihr angezogen, aber heiraten kommt für ihn nicht mehr in Frage. Als gescheiterter Missionar musste er auf die harte Tour lernen, dass man nichts missionieren kann, was nicht missioniert werden möchte. Trotzdem genießt er Rachels Gesellschaft, denn sie ist nicht nur klug und belesen, sondern auch spontan und witzig. Ihr großes Hobby, das Studieren und Sammeln von Käfern - pardon, Insekten - sorgt für so manch heitere Situation. Als er sich dann endlich eingesteht, dass er ohne Rachel nicht mehr leben möchte, stößt er auf massiven Widerstand. Denn obwohl Rachel ihn auch liebt, kann sie doch keinen Saloonbesitzer heiraten, das würde gegen ihre Wertvorstellungen verstoßen. Werden die beiden wohl noch einen Weg finden?

Ihren beiden Geschwistern fällt es leichter, sich einzuordnen. Lissa verlässt schon bald den Pfad der Tugend, als Geliebte eines verheirateten Mannes lebt sie ein luxuriöses Leben. Da Rachel mit gefallenen Frauen nicht verkehren möchte, sehen sich die beiden Schwestern kaum noch, worunter Rachel sehr leidet. Auch Michael kann den Verlockungen des Goldes nicht widerstehen, er beweist sein Geschick beim Kartengeben. Obwohl die beiden in der Geschichte erst 14, bzw. 15 Jahre alt sind, wirken sie doch sehr viel reifer und erwachsener. Manchmal sogar wesentlich reifer als Rachel, die ja eigentlich die Älteste von ihnen ist. Sie ist aber viel zu sehr gefangen in ihren Konventionen und angelernten Verhaltensmustern, es fällt ihr schwer, Dinge zu hinterfragen. Aber steht nicht auch in der Bibel, dass man Sündern vergeben soll und seinen Nächsten lieben?

Deeanne Gist schreibt einfach bezaubernd, mit soviel Leidenschaft und Witz, es ist ein wahres Vergnügen, sich in die Goldgräberstadt zu begeben und mit Rachel den richtigen Weg zu suchen. Ihre Charaktere sind sehr vielschichtig, sie denken nach und erkennen, wenn auch manchmal recht spät, was für sie richtig und gut ist. Sie suchen nach Möglichkeiten in ihrem Leben und geben niemals auf. Obwohl Rachel anfangs ziemlich bigott in ihrem Denken und Leben ist, so erkennt sie doch auch, dass es nicht nur eine Seite einer Medaille gibt. Gottes Wege sind oft seltsam und nicht zu erkennen, Rachel lernt, dass ihre Argumente oft das Gegenteil von dem bewirken, was sie vorher als richtig ansieht. Auch Johnnie fühlt sich in seinem Leben nicht mehr wohl, langsam wird ihm bewusst, was er wirklich vom Leben erwartet. All diese Wandlungen passieren langsam und nachvollziehbar, keiner der Charaktere ändert sich über Nacht, aber sie ändern sich, in dem sie an Erfahrung gewinnen und das Leben ihnen so manche Streiche spielt.

Natürlich ist Gott und die Bibel ein permanentes Thema, der Verlag Gerth Medien bringt bevorzugt christlich angehauchte Romane heraus, es rangiert aber eher unterschwellig. Rachel sucht zwar oft Trost in der Bibel, es werden auch einige Passagen zitiert, es nimmt aber zu keiner Zeit überhand oder wirkt missionierend. Deeanne Gist geht vorsichtig mit dem Thema um, ihr Hauptaugenmerk liegt viel mehr in der Geschichte an sich. Und die ist ihr ganz vorzüglich gelungen, ihr Schreibstil ist angenehm und fesselnd, man ist immer ganz gespannt, was Rachel wohl als Nächstes einfallen wird. Von allen Charakteren ist etwas vorhanden, sie werden aber nicht nur in schwarzweiß gemalt, sondern in vielen, bunten Farbschattierungen. Witz und Ironie gibt es reichlich, die Handlung ist oft erfrischend heiter und entspannend. Besonders interessant die Erwähnung von mehreren bekannten und real existierenden Männern, da finden sich einige bekannte Namen wie Levi Strauss, John Studebaker, Samuel Clements, Henry Wells und William Fargo. Das Cover ist hervorragend und passt genau zur Geschichte, es ist übrigens auch das gleiche Bild wie in der amerikanischen Ausgabe.

Fazit

Mit ihrem leichten und heiteren Erzählstil verzaubert Deeanne Gist von Anfang an ihre Leser. Ihre Charaktere sind tiefgründig und wandelbar, ihre Geschichte realistisch und bezaubernd. Amerika zur Zeit des Goldrausches birgt noch viele Geschichten in sich, die Autorin schafft es aber ausgezeichnet, eine neue Komponente einzubringen. Der christliche Hintergrund ist unaufdringlich und wirkt auch nicht fehl am Platz. Im Vordergrund stehen eindeutig starke Frauen und Männer, gespickt mit Witz, Ironie und Liebreiz.
Meine verwendeten Bilder habe ich entweder selbst erstellt oder sie kommen von dieser Seite

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Re: Die unbeugsame Dame von Deeanne Gist

Beitragvon lemmy » 17.06.2011, 22:29

Auch dieses Buch von Deeanne Gist ist einfach schön. Allerdings habe ich festgestellt, dass darin die Auseinandersetzung mit dem Glauben doch ein zentrales Thema ist.
Was bei "Eine Braut auf Bestellung" nur am Rande vorkommt, wird hier von allen Seiten beleuchtet. Es ist zwar alles stimmig und passt zu den Figuren und der Zeit und macht ihre persönliche Entwicklung deutlich, aber mir hätte es mit einem Tick weniger besser gefallen. Auch die Bigotterie von Rachel zu Anfang ging mir ziemlich gegen den Strich, wobei mir natürlich klar ist, dass nur dadurch ihre persönliche Reifung deutlich wird.
Trotz allem wachsen einem die Personen richtig ans Herz und man würde gerne noch mehr von ihnen lesen.
Jetzt bin ich mal auf die anderen Bücher der Autorin gespannt, ob sie eher wie "Eine Braut auf Bestellung" oder wie "Die unbeugsame Dame" sind.
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