Beth Kanell: Darkness under Water (Jugend, historisch)

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Beth Kanell: Darkness under Water (Jugend, historisch)

Beitragvon Gipsy » 14.12.2008, 17:08

Bild
The Darkness Under the Water
Beth Kanell
Candlewick Books 2008-11-11 Gebundene Ausgabe 320 Seiten



Inhalt:

Vermont, 1930
Molly Ballou ist Abenaki, bzw. eine Französisch-Kanadierin, wie es im Vermont der 30er Jahre heißt. Dies war für ihr bisheriges Leben irrelevant, da in ihrer Familie bis auf ihre Großmutter niemand mehr nach den alten Gesetzen lebt. Doch jetzt gibt es vom Staat Vermont aus ein Euthanasie-Programm, mit dessen Hilfe „echte“ Vermonter gezüchtet werden sollen – und das schließt Indianer wie Molly oder katholische Iren wie Mollys beste Freundin Katie aus. Langsam nähert sich die Bedrohung immer mehr ihrem Dorf und es wird immer wichtiger sich anzupassen. Auch in ihrer Umgebung spiegelt sich der Verlust der alten Wege wieder: Der Fluss, der ihr Leben so sehr beeinflusst hat, und in dem ihre ältere Schwester als Kind ertrunken ist, wird zu einem Stausee umgewandelt, was für ihre Familie den Verlust ihres Hauses bedeutet, ihre Schwester erscheint ihr immer öfter als Geist und ihre Mutter ist wieder schwanger. In dieser unruhigen Zeit findet Molly ausgerechnet an den so lange verleugneten Wurzeln Halt. Immer öfter trifft sie sich mit dem jungen Abenaki Henry, der ihr vieles über den Wald, das Körbeflechten und die Abenaki beibringt …

Meine Meinung:

Das Buch behandelt so viele Themen, dass das Hauptproblem, nämlich die Euthanasie, nur angeschnitten wird. Auch die anderen Themen bleiben oft an der Oberfläche. Wirklich eindringlich fand ich lediglich das Alltagsleben von Molly: wie sie ihrer Mutter im Haushalt hilft, wie anstrengend sie das Wäschewaschen findet (ihre Mutter arbeitet als Waschfrau), wie sie ihren Vater vermisst, der im Wald arbeitet und oft Monate nicht nach Hause kommt, wie sie den Streitereien zwischen ihrer Mutter und Großmutter zuhört. Dabei entsteht eine ziemlich düstere Welt voller Armut, Entbehrungen und Angst. Dieses Gefühl wird noch unterstrichen durch die Anwesenheit von Gratias Geist, Mollys verstorbener Schwester. Zum Sinnbild für diese Düsternis wird der Long River, dunkel, geheimnisvoll und gefährlich, der dennoch auf Molly eine geheimnisvolle Anziehungskraft ausübt. Die ungewisse Zukunft, Geldsorgen – dieses Buch eignet sich sicherlich nicht zum Eintauchen in eine romantische Indianerwelt.
Eine Auszeit von all dieser Dunkelheit bekommt man, sobald Henry auftaucht. Mit seiner Ruhe bringt er auch die aufgewühlte Molly immer wieder zur Besinnung.
Gestört hat mich doch sehr Mollys extremer Pessimismus. Alles ist schlecht, dabei versucht ihre Lehrerin ihr Zukunftschancen zu geben und auch ihrer besten Freundin gelingt es trotz ähnlicher Probleme optimistisch zu sein. Ich habe sicherlich nichts gegen eine realistische Einstellung und Naivität ist ein Charakterzug, der mich in Romanfiguren sehr stört, aber Mollys negative Weltsicht hat das ganze Buch wie einen roten Faden durchzogen.

Und leider kam auch nicht wirklich viel von Henry vor. Gut, ich gebe es zu: Henry ist weise, gut aussehend, verständnisvoll und hat hohe Wangenknochen, quasi der Prototyp (und Stereotyp) eines Indianers, aber ich mochte ihn trotzdem – vor allem seine Wirkung auf die jammernde Molly ;)

Normalerweise würde ich einen Punkt weniger geben, aber da mich das Buch nachhaltig beschäftigt, bekommt es einen Bonuspunkt von mir.

Meine Bewertung: 8 von 10

:stern
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Beitragvon Schattentaenzerin » 16.12.2008, 18:40

Euthanasie in den USA? Gabs das wirklich?! *unwissend ist*

Ich überleg ja grad ob ich das Buch auf meinen Wz packe oder nicht. Zum einen würde mich Mollys Alltagsleben interessieren (zudem find ich das Cover irgendwie toll!), aber ich mag es nicht sooo gern, wenn einer der Charaktere super pessimistisch ist. Naivität ist zwar auch nicht toll, aber so extremer Pessimismus zieht mich meist selbst mitrunter...
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Beitragvon Gipsy » 16.12.2008, 20:53

Ich hab mich schlau gemacht, das Euthanasie-Programm in Vermont gab's wirklich. Die meisten Indianer sind dann in den Untergrund gegangen und haben ihre Identität verleugnet und ihren Kindern nicht einmal erzählt, dass sie indogener Abstammung waren. Was da für Wissen verloren gegangen ist, das will ich gar nicht wissen! Die dreißiger Jahre waren da anscheinend eine "gute" Zeit, was solche Ideen über Reinheit und Ausmerzung von Andersartigkeit anbelangt :sad

Allerdings hat sich dieses Programm dort zum Glück nicht durchsetzen können.

Was den Pessimismus angeht: Davon hat Molly wirklich ziemlich viel abbekommen. Naiv ist sie eher weniger, ich meinte damit eher, dass ich normalerweise genervt bin, wenn ein Charakter zu naiv in die Zukunft blickt und nur optimistisch ist, wie es ja häufig der Fall bei Romanen ist. Aber Molly sieht die Welt schon sehr düster, auch wenn das Schicksal es sicherlich nicht immer gut mit ihr gemeint hat :sad

Ich weiß irgendwie gar nicht, ob ich dir das Buch empfehlen soll oder nicht, ich finde es sehr schwierig zu bewerten :???:
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Beitragvon Schattentaenzerin » 17.12.2008, 11:15

:shock: Boah, das hätt ich nicht gedacht. Und das obwohl die Amsi immer auf Mr Perfekt tun...

Und ja, ich habs auch nicht so verstanden als ob Molly naiv ist, sondern das sie eher das sie das Gegenteil (also arg pessimistisch) ist. Aber bei anderen Charakteren (vorallen in historischen) nerven mich solche Protas extrem! Ich find also beide Extreme (naiv und pessimistisch) nicht toll.

Besonderes letzteres stört mich, da ich selbst so ein Pessimist bin. :???:
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Beitragvon Gipsy » 17.12.2008, 11:33

Na ja, die Amis und perfekt :???: Das haben sie ja in den letzten 8 Jahren mal wieder gezeigt :sad Aber ich glaube, eine Diskussion über die Amis würde hier zu ausschweifend werden :lol:

Ich wusste vorher auch nichts über dieses Programm, aber so abwegig kommt es mir nicht vor, wenn man sich in die Vorstellungen dieser Zeit ein wenig einliest. Es hatte wohl vor allen Dingen mit dem Siegeszug der Gentechnik und Vererbungslehre zu tun. Wenn man Pflanzen und Tiere züchten kann, haben sich die Leute gefragt, warum dann nicht auch den perfekten Amerikaner, the all-American-boy/girl? :???:

Ich finde es gut, dass die Autorin ein so heikles Thema aufgegriffen und damit der Vergessenheit entrissen hat. Ob die Umsetzung allerdings so gelungen ist, kann ich schlecht beurteilen, da ich mich mit dieser Thematik vorher noch nie auseinandergesetzt habe. Ein Review allerdings habe ich gefunden - und zwar von Abenaki - die das Buch alles andere als gut fanden:

ACHTUNG, ENTHÄLT SPOILER!!!!!!
Review von American Indian in Childrens' Literature

Ganz so schlimm wie in diesem Review beschrieben habe ich Molly aber nicht empfunden. ;)
Ich habe die ganze Atmosphäre des Buches als sehr melancholisch empfunden, teils auch unwirklich, als wäre ich auch unter Wasser gewesen und da die Schwere des Wassers gespürt :)
Wenn du in schlechter Grundstimmung bist, ist das Buch also vielleicht eher mit Vorsicht zu genießen.
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Beitragvon Schattentaenzerin » 17.12.2008, 16:40

Ja, das mit den Amis würd wirklich ewig andauern, aber ich fand den Fakt eben verblüffend, weil die Amis so auf andere Länder herunterblicken und dann auch solch schreckliche Sachen taten.

Aber zum Buch. Ich weiß nun wirklich nicht ob ich es kaufen soll oder nicht, aber ich denke eher ersteres allein damit ich mir selbst eine Meinung bilden kann. :)
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Beitragvon Gipsy » 17.12.2008, 16:51

Zweifellos ist das Buch sehr interessant. Und auch gut geschrieben. Dann freue ich mich jedenfalls schon mal sehr auf deine Meinung ;)

Wenn du magst, leihe ich dir das Buch gerne :)
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Beitragvon Schattentaenzerin » 17.12.2008, 16:52

Uh das wär cool, aber am liebsten erst im Januar. Ich muss erstmal in meinem Urlaub die ganzenm WBs abarbeiten. :)
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Beitragvon Gipsy » 17.12.2008, 17:49

Sag einfach Bescheid, wenn du wieder etwas Luft hast ;)
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Beitragvon Schattentaenzerin » 17.12.2008, 17:50

Danke. :backe
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Beitragvon Gipsy » 17.12.2008, 17:58

Gerne doch ;)

Ich freu mich ja auch, wenn ich dann - nachdem du das Buch gelesen hast - mit dir darüber diskutieren kann :D
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Beitragvon Schattentaenzerin » 17.12.2008, 17:59

Darauf freu ich mich auch. ^^
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Beitragvon Gipsy » 17.12.2008, 18:02

:hi

Das habe ich in der Zeit, in der ich nicht im Forum war, wirklich vermisst :)
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Beitragvon Schattentaenzerin » 17.12.2008, 18:05

Nicht nur du!! :hi Hach, ich glaub schick mir das Buch doch mal lieber gleich. Dann schieb ich es mal früher dazwischen und les es damit wir mal wieder lang und breit quatschen können. ^^
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Beitragvon Gipsy » 17.12.2008, 18:08

Mach ich doch glatt :lol:

Du kannst dir auch gerne mit dem Lesen Zeit lassen, ich brauch das Buch nicht dringend :)
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