Ella Danz - Schatz, schmeckt's dir nicht?

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

Moderatoren: mallory, Mondfrau

Ella Danz - Schatz, schmeckt's dir nicht?

Beitragvon patwelli » 10.12.2010, 10:54

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Schatz, schmeckt's dir nicht?: Roman
Ella Danz
Gmeiner 2010-07-12 Broschiert 421 Seiten

Klappentext:

Geschmacksverirrung: Helene, Anfang 40, ist überaus zufrieden mit ihrem perfekt eingerichteten Leben im beschaulichen Berlin Charlottenburg: Auch nach zwanzig Jahren führt sie eine glückliche Ehe mit Architekt Jan und frönt mit Hingabe ihrer großen Leidenschaft – dem Kochen. Ihre kulinarischen Kreationen sind berühmt und ihre Tischgesellschaften legendär. Unliebsame Nebenbuhlerinnen hat sie in der Vergangenheit mit Kreativität und Fantasie aus dem Weg geräumt: Bis eine neue Kollegin in Jans Büro auftaucht: Diane Blume. Ökologisch engagiert, der Esoterik verschrieben, voll Energie und positiver Ausstrahlung. Und – was das Schlimmste ist – Vegetarierin! Helene ist entsetzt und holt zum Gegenschlag aus...

Wer die „Desperate Housewives“ liebt, der wird auch Helene und ihren Clan mögen! Ihre kulinarische Leidenschaft, die sich an der Grenze zur Obsession bewegt, macht diese Geschichte zu einem spannenden Stück Unterhaltung voller Ironie und schwarzem Humor, ebenso köstlich wie bösartig. Quelle: Gmeiner

Meine Meinung:

Eine schöne Eigentumswohnung, zwei wohlgeratene, fast erwachsene Kinder, einen attraktiven, wohlhabenden Mann – Helene ist am Ziel ihrer Wünsche. So wohlgeordnet ihr Leben ist, so soll es bitteschön auch bleiben. Nicht umsonst hat sie ihr Studium an den Nagel gehängt, um ihre Kinder zu erziehen. Sie identifiziert sich über ihre Kochkunst, die sie bis zur absoluten Perfektion vervollkommnet hat. Ihre Menüs plant sie bis ins kleinste Detail, wozu nicht nur die Speisenfolge, sondern auch die Dekoration zählt. Erlesene Zutaten sind selbstverständlich, es darf auch gerne etwas Ausgefallenes sein. Kochbücher sind ihre Bibel, ihre Küche ist eigens nach ihren Vorstellungen geplant und ihre Kochergebnisse sind exquisit. Perfektion ist ihr zweiter Vorname, nichts kann ihre Welt ins Wanken bringen, Hindernisse werden mit viel Phantasie aus dem Weg geräumt. Besonders über ihren Mann wacht sie mit Argusaugen, aufdringlichen Nachbarinnen oder zu gut aussehenden Mitarbeiterinnen passieren plötzlich die unmöglichsten Pannen. Ihr Einfallsreichtum ist grenzenlos und gnadenlos gut, nie fällt auch nur der Hauch eines Verdachts auf sie. Jetzt bekommt sie aber einen harten Brocken vorgesetzt, die neue Mitarbeiterin ihres Mannes. Diane Blume ist Expertin für ökologisches Bauen, Weltenbummlerin, Vegetarierin und bereichert im Nu jede Runde mit ihren unerschöpflichen und anschaulichen Anekdoten über ihre Erlebnisse. Auch ihre Weltanschauung bringt sie so überzeugend hervor, dass Jan sofort beschließt, auch auf Fleisch zu verzichten. Helene ist entsetzt, sie fühlt sich persönlich und ihre Kochkunst angegriffen. Da sie nun mal Perfektionistin ist und eine Meisterin in ihrem Fach, widmet sie sich nun mit Feuereifer der vegetarischen Küche. Diane drängt sich aber immer mehr in ihr Leben, nicht nur, dass sie mit ihrer Ausstrahlung bei jedem Zusammentreffen Helene die Schau stiehlt, sie verbringt auch immer mehr Zeit mit ihrem Mann – rein beruflich natürlich. Helene muss handeln – und zwar so, dass Diane auf Nimmerwiedersehen verschwindet und niemand Verdacht schöpft.

Mit viel rabenschwarzem Humor hat sich Ella Danz diesmal auf die Frauenliteratur gestürzt. So ganz weit weg hat sie das Thema allerdings nicht von ihren Krimis gerückt, denn Helene hat es faustdick hinter den Ohren. Sie ist eiskalt, egoistisch und sehr von sich überzeugt, nicht gerade eine besonders sympathische Protagonistin. Ausführlich und detailgenau beschreibt Ella Danz Helenes Kochkunst, ihre Vorbereitungen und ihre Überlegungen über die Zutaten, das Essen und seine Produkte. Man bekommt eine Menge an Warenkunde mitgeliefert, interessante Zusammensetzungen und Zubereitungsarten. Die Geschichte ist komplett aus Helenes Sicht geschrieben, so bekommt man einen guten Einblick in ihr Innenleben. Mit viel Raffinesse umgeht sie Schwierigkeiten und zieht sich gekonnt aus so mancher unangenehmen Affäre. Sie ist völlig auf ihr Wohlergehen fixiert, desto größer fällt ihr Unmut auch aus, wenn man ihr nicht den gebührenden Respekt und Aufmerksamkeit zollt. Steht sie nicht im Mittelpunkt, wird sie ungehalten, ihre Meinung über ihr eigenes Können ist unermesslich. Gilt die Aufmerksamkeit jemand anderem, hegt sie Mordgedanken. Ihre Einfälle, Nebenbuhler in Misskredit zu bringen, sind brillant und äußerst humorig. Man ist regelrecht gespannt, was ihr als Nächstes einfällt, Gradlinigkeit ist nicht ihr Weg. In Diane findet sie ihre wahre Meisterin, unaufdringlich und nicht beabsichtigt steht sie immer wieder im Mittelpunkt und läuft ihr den Rang ab. Nicht nur, dass sie den Großteil des Tages mit ihrem Mann verbringt und so viel eher informiert ist, als Helene, so hat sie doch auch aktiven Anteil an der Arbeitswelt. Helene ist ja nur Hausfrau, welche Arbeit so manch ein Essen macht, wissen nur die Köche selber. Mit ihrer Weltanschauung verblüfft Diane immer wieder ihre Mitmenschen, Genügsamkeit ist bei den meisten ein erstrebenswertes Ziel. Haben sie dann jemanden vor Augen, der auch danach lebt, wird er von vorneherein bewundert.

Selbst die kleinsten Nebencharaktere hat Ella Danz hervorragend charakterisiert. Helenes Freundinnen, die sie immer kurz und knapp treffend beschreibt und in ihren Augen ihr lange nicht das Wasser reichen können. Zielsicher trifft sie ihre Schwächen und reitet darauf herum, wenn sie sie nicht für ihre eigenen Angelegenheiten missbraucht. Interessante Ausflüge gibt es in die Welt der Bioprodukte, mit ihrer ehemaligen Mitstreiterin aus dem Kindergarten, die sich sehr zu ihrem Vorteil verändert hat, und einen Lebensmittelladen mit ebendiesen Produkten betreibt. Dort geben sich schon ein paar komische Gestalten ein Stelldichein. Übertrieben hat Ella Danz mit Sicherheit, aber absolut treffend und sarkastisch beschreibt sie jede Schwachstelle des menschlichen Wesens. Ein Feuerwerk an Ironie und Sarkasmus mit unerwarteten Wendungen und vielen interessanten Details aus der Kochwelt bereiten ein großes Lesevergnügen mit der gewohnt guten Qualität der Gmeiner Verlages. Dazu ein niedliches Reh, was den Leser unschuldig vom Cover anstrahlt, was wieder einmal eine hervorragende Auswahl des Titelbildes beweist.

Fazit

Ist es ein Kochbuch, oder eine rabenschwarze Komödie? Von beidem ist viel enthalten, Genießer der gehobenen Kochkunst kommen hier genauso auf ihre Kosten wie die Freunde des schwarzen Humors.


Von mir gibt es daher wegen einiger Langatmigkeit 3,5 von 5 Punkten

:stern
Meine verwendeten Bilder habe ich entweder selbst erstellt oder sie kommen von dieser Seite

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