Das Lied der Sonnenfänger von Julie Peters

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Das Lied der Sonnenfänger von Julie Peters

Beitragvon SchneeMcKettrick » 29.01.2011, 11:56

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Das Lied der Sonnenfänger: Ein Neuseeland-Roman
Julie Peters
Wunderlich 2011-01-15 Gebundene Ausgabe 528 Seiten

Inhalt:
Neuseeland, 1894: Die Familie O’Brien flieht vor Hunger und Not aus Irland ans andere Ende der Welt. Emily, die Tochter, überhört den Ruf ihres Herzens und geht eine Ehe ein, die sie fast ins Verderben stürzt. Kann sie der Dunkelheit entkommen, die sich auf ihr Gemüt senkt?

Ihre Schwägerin Siobhan fürchtet sich vor allem – vor der Wildnis, vor ihrem Ehemann, vor den Eingeborenen. Dann begegnet sie dem Maori Amiri, der tiefe Gefühle in ihr weckt. Doch ihre Leidenschaft beschwört eine Katastrophe herauf ...
Quelle: Wunderlich

Meine Meinung:
"Das Lied der Sonnenfänger" von der deutschen Autorin Julie Peters ist ein Buch, dessen größter Pluspunkt gleich zu Beginn der Geschichte zum tragen kommt. Der Roman ist flüssig geschrieben und die Autorin versteht sich darauf, neugierig auf die Geschichte zu machen. So fällt es sehr leicht in das Buch abzutauchen und fesselt über längere Strecken an das Geschehen. Im Mittelteil kommt es zwar zu ein paar Durststrecken, aber insgesamt gibt es am Stil der Autorin wirklich nichts zu meckern.

Die Charaktere sind vielschichtig und überzeugen durch die Tiefe, mit der sie ausgestattet wurden. Zu Beginn hatte ich große Probleme mit der Figur Walter. Er behandelt seine Frau nicht immer gut, sondern wechselt oft in die Rolle eines gewalttätigen Ehemannes. Sein Verhalten ist undurchsichtig und teilweise auch unberechenbar. Siobhan, Walters Ehrfrau, wirkt zunächst wie eine Frau, deren Unterwürfigkeit übertrieben in den Vordergrund gedrückt wird. Umso gespannter war ich, wie sie sich im Laufe des Romans entwickeln wird. Auch Emily, Edward und der Rest der Protagonisten sind interessante, nicht immer sympathische Figuren. Die Charaktere sind nicht schwarz oder weiß oder folgen von Beginn bis zum Schluss einer eintönigen Linie sondern entwickeln sich weiter und wachsen an ihren Aufgaben. Sie sind keine Sympathieträger, sondern in erster Linie Kinder ihrer Zeit und zeigen viele Charakterzüge die sie in ein schlechtes, aber realistisches Bild, rücken.
Die positivste Figur ist in meinen Augen Amiri, der aber leider zu wenig Raum in der Geschichte erhält und später mehr wie ein Nebencharakter behandelt wird. Dies finde ich sehr schade, da ich Amiri sehr interessant und auch ein wenig sympathischer finde als den Rest der Charaktere.

Die Handlung lebt von Dramatik und unvorhergesehenen Wendungen, die zum größten Teil wirklich packend dargestellt wird. Hin und wieder jedoch musste ich darüber nachdenken, dass vieles einfach zu konstruiert und unglaubwürdig gestrickt wurde. Die Charaktere reden einfach nicht über wichtige Dinge oder bemerken offentsichtliche Gefühle, Verletzungen und Lügen nicht. Hier hätte ich mir ein gesünderes Maß an Realismus gewünscht um die Geschichte echter wirken zu lassen.

Insgesamt ein spannender Familienroman, der besonders durch den fantastischen Schreibstil der Autorin ein lesenswerter Roman ist.

Wertung:
8 von 10 Punkten

:stern
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Re: Das Lied der Sonnenfänger von Julie Peters

Beitragvon patwelli » 26.02.2011, 19:48

Edward O’Brien hat einen Traum, den Traum einer Schaffarm in Neuseeland. Zuhause in Irland ist er mit den Verhältnissen nicht mehr zufrieden, so kommt ihm die Mitgift von Siobhan, der Frau seines ältesten Sohnes Walter zur rechten Zeit. Mit einem Teil des Geldes kauft er eine Farm und Schafe, seine Familie folgt ihm in eine ungewisse, aber wohl ertragreichere Zukunft. Mit Walter, Siobhan und seiner Frau Helen kommen noch Edwards weitere Kinder Finn und Emily mit. Beide sind Freigeister, wobei Emily durch ihre Erziehung in starke Konventionen eingebunden ist. Sie ist ein Bücherwurm und viel zu intelligent für eine Frau zu ihrer Zeit. Ihre Mutter hat Angst, sie dadurch nicht standesgemäß verheiraten zu können und engt ihren Geist beständig ein. Finn dagegen ist ein Abenteurer, ihm kann es nicht aufregend genug sein, so ist er ständig auf der Suche nach neuen Abenteuern. Schnell wird ihm das Farmleben langweilig und er sucht neue Herausforderungen beim Goldgraben und im Burenkrieg.

Über mehrere Jahre hinweg begleitet man die Familie auf ihrem Lebensweg. Der Leser erlebt Glück und Leid, Missernten, Hochzeiten und unglückliche Liebschaften. Mit Amiri fügt die Autorin einen weiteren Hauptcharakter hinzu, der Maori begleitet die Familie als Verwalter über viele Jahre hinweg. Besonders Siobhan hat es ihm angetan, die in ihrer Ehe ihre ganz eigenen Probleme bewältigen muss und sich der enormen Anziehungskraft des Maori nicht lange entziehen kann. Leider kommt der Charakter und die Besonderheiten der Maori viel zu kurz, sie bleiben Nebencharaktere, die allerdings für die Geschichte von besonderer Bedeutung sind. Gefangen in ihren Konventionen können Emily und Siobhan nicht mit ihren Gefühlen umgehen, Männer hatten damals noch freie Hand und konnten ungehindert über ihre Frauen entscheiden. Wäre Emily lieber eine Schriftstellerin geworden, so unterdrückt sie aus Angst ihrer Mutter gegenüber diese Leidenschaft. Einzig Aaron, ein Freund ihres Bruders Finn, versteht sie, allerdings zaudert er zu lange und vermag es einfach nicht, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. So stürzt sich Emily aus Unsicherheit ins Unglück, ein Beinbruch wird ihr zum Verhängnis und treibt sie in eine Abhängigkeit, aus der sie sich nur mit viel Willensstärke wieder befreien kann.
Siobhan beweist ihre Stärke jeden Tag bei der Bewältigung der Arbeit auf der Farm. Sie bemüht sich, Walter eine gute Ehefrau zu sein, wobei sein zwiespältiger Charakter es ihr wahrlich nicht leicht macht. Tagsüber ist er liebevoll und zärtlich, nachts kann er seine Gefühle nur gewaltsam ausdrücken. Sein Verhalten passt einfach nicht zusammen, man zweifelt im ganzen weiteren Verlauf, ob man ihn nun mag oder nicht. Einerseits bemitleidet man ihn ob seiner Unfähigkeit, sich mitzuteilen, andererseits ist es unverständlich, dass er sich nicht bemüht, sich zu ändern und durch eigene Erfahrung sein Verhalten genauer unter die Lupe nimmt. Ein typischer Fall von nicht miteinander reden können. Ihre Beziehung ist ein ständiges Auf und Ab, gepaart mit Fehlern, in die sie durch ihre Charaktereigenschaften getrieben werden.

Der unglaublich mitreißende Schreibstil von Julie Peters katapultiert den Leser in eine Geschichte voller Gefühle, zwiespältiger Charakter und typischer Fehlentscheidungen von Männern, die von falschem Stolz und Ehrgeiz getrieben werden. Man bangt mit den Protagonisten um ihr Leben und erlebt fassungslos mit, wie unüberlegte Handlungen und Unwissenheit, sowie das damalige Korsett der Konventionen und die Stellung der Frau einschneidend die Entscheidungsfreiheit einengen und das Leben bestimmen. Die Seiten fliegen regelrecht vorbei, man ist versunken in einer gut recherchierten, fremden Welt, in der Männer sich durch ihre Taten identifizierten und Frauen listig und gewitzt sein mussten, um ein angenehmes Leben führen zu können. Die Charaktere sind wandelbar und lernfähig, so manches Mal überraschen sie uns mit unvorhersehbaren Handlungen, anderes wiederum erahnt man fast sofort, dass es eigentlich nur schief gehen kann. Das Cover ist wundervoll stimmig und hervorragend gewählt, es zeigt einen Teil des Sees, der überquert werden musste, da es zu dieser Zeit noch keine Straße gab, die in den Teil Neuseelands führt, wo die Geschichte spielt.

Fazit

Julie Peters hat einen eindrucksvollen Debütroman hingelegt, man folgt ihr gerne in fremde Welten und zurückliegende Zeiten. Ihr Erzähltalent tröstet über einige Unebenheiten hinweg und mit ihrem Versprechen, einen Fortsetzung mit der Familie O’Brien zu schreiben, kann man das Buch beruhigt zuklappen und sich auf ein Wiedersehen mit lieb gewonnen Charakteren freuen und voll Spannung sich das Gehirn zermatern, welche Ereignisse sich wohl noch in den Lebensweg der Protagonisten stellen werden.

LG
Patty
Meine verwendeten Bilder habe ich entweder selbst erstellt oder sie kommen von dieser Seite

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