Ann Cleeves- Opferschuld

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Ann Cleeves- Opferschuld

Beitragvon Lesefratz » 25.02.2011, 12:42

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Opferschuld
Ann Cleeves
rororo 2011-02-01 Taschenbuch 432 Seiten
Originaltitel: Telling Tales
Erscheinungsdatum: 02/11
Genre: Kriminalroman

Klappentext: (quelle: rororo)
Emma Bennett sieht sich mit dem schlimmsten Trauma ihrer Kindheit konfrontiert: Zehn Jahre zuvor entdeckte sie an einem frostigen Wintertag in einem Graben die Leiche ihrer besten Freundin. Eine Frau wurde verhaftet, doch nun taucht ein Zeuge auf, der ihr umstrittenes Alibi nach all den Jahren bestätigt. Kommissarin Vera Stanhope würde den Mordfall gerne lösen, doch das gestaltet sich unerwartet schwierig: In dem Dörfchen Elvet findet sich kaum ein Einwohner, der kein Motiv gehabt hätte, die hübsche, verzogene und sehr gerissene Abigail zu töten. Binnen kürzester Zeit ist die Atmosphäre vergiftet. Und Vera fragt sich: Haben die Dorfbewohner Angst vor dem Mörder oder vor ihrer eigenen, schuldbeladenen Vergangenheit?

Meine Zusammenfassung:

Im kleinen beschaulichen Dorf Elvet gibt es eigentlich keine Geheimnisse, denn jeder kennt jeden, sollte man zumindest meinen- doch vor knapp zehn Jahren wurde ein Mord begangen- an einem fünfzehnjährigen Mädchen.
Die beste und einzige Freundin des Opfers Abigail Mantel, Emma, fand das Mädchen damals leblos auf. Nach einer recht kurzen Ermittlungsarbeit der Polizei war die angebliche Täterin, eine Geliebte des Vaters von Abigail schnell überführt, obwohl sie stets ihre Unschuld beteuerte.
Der Fall scheint abgeschlossen, alles gerät langsam in Vergessenheit, bis das Unglaubliche geschieht. Es meldet sich ein wichtiger Zeuge, der der angeblichen Mörderin ein hieb und stichfestes Alibi verschafft. Doch das kommt leider zu spät für die Verurteilte, die sich bereits im Gefängnis das Leben genommen hat, bevor der Fall neu aufgerollt wird.
Die Tragik des Mordfalles lässt auch die neugierige Kommissarin Vera Stanhope nicht kalt, die extra für diesen Fall in das Dörfchen gekommen ist, um ihre Ermittlungen und Untersuchungen aufzunehmen.
Und wie immer gelingt es Vera mit ihrer unnachahmlichen Art, den Dörflern ihre kleinen und großen Geheimnisse zu entlocken. Schnell ist ihr klar, dass gleich mehrere Personen ein Motiv hatten, Abigail damals zu ermorden. Und dann geschieht noch ein zweiter Mord…

Meine Einschätzung:

Der zweite Teil der Vera Stanhope Reihe von Ann Cleeves fördert erneut die Stärken der Autorin zu Tage- etwa die tiefgründige, liebevolle Charakterisierung ihrer Romanfiguren- ob Haupt oder Nebenfiguren; sie beschreibt sehr glaubwürdig deren Ängste und Unsicherheiten und lässt den Leser zu einem neugierigen Voyeur werden, dem sie zwar stets kleine Happen hinwirft, doch trotzdem bis zum Schluss im Dunklen tappen lässt, was den wahren Täter angeht.
Geschickt streut sie Verdachtsmomente gegen mehrere Akteure der Geschichte aus und
erschwert ihren Lesern die Tätersuche ungemein, was mir sehr viel Lesespaß bereitet hat, weil meine Neugierde dadurch immer mehr geschürt wurde.
Wer bereits andere Romane der Autorin gelesen hat, weiß, dass sich Ann Cleeves Bücher nicht unbedingt durch eine actionreiche, schnelle Handlung auszeichnen- im Gegenteil- die Geschichten umgibt eine gewisse Langsamkeit, sie brillieren dagegen jedoch durch eine sehr gut ausgearbeitete Story und charismatische, teils auch recht schrullige Hauptfiguren. Die Spannungsmomente sind eher spärlich gesät, diese Bücher sind eher als reine, handfeste englische Krimis zu betrachten, doch die Autorin versteht ihr Handwerk und ihr gelingt es stets, trotz der gemächlichen Entwicklung ihrer Geschichten, eine unterhaltsame, atmosphärisch dichte Handlung zu weben, die einen hohen Unterhaltungswert besitzt.
Mit der Kommissarin Vera Stanhope hat Cleeves zudem eine Heldin geschaffen, die wunderbar unperfekt ist- sie ist keine Schönheit mit Modelmaßen- im Gegenteil, sie hat Übergewicht, trägt eher praktische unmoderne Kleidung, trinkt gerne und neigt durchaus auch zu missgünstigen Gedankengängen, auch wenn sie, wenn es darauf ankommt, durchaus ein Herz aus Gold hat. Sie spricht sämtliche Mitmenschen mit „Herzchen“ an und vermittelt ihrem Gegenüber stets das Gefühl von Vertrauen. So wiegt sie sowohl Zeugen als auch Täter in falscher Sicherheit- suggeriert ihnen durch ihre Optik, sie wäre vollkommen harmlos- ein fataler Fehler denn Vera ist sehr scharfsichtig und höchst intelligent!
Vera ist eine Romanheldin nach meinem Geschmack – sie erinnert an ein weibliches, britisches Pendant, zum eigenwilligen Ermittler und Trenchcoatträger Columbo und auch im zweiten Band der Reihe gelingt es der Autorin das hohe Niveau des Erstlings zu halten.
Zwar hätte ich sehr gerne noch ein wenig mehr über Veras persönlichen Hintergrund erfahren; diesmal agiert sie über weite Strecken nur reine Nebenfigur, doch dafür entschädigte mich die fesselnde Kriminalhandlung.

Übrigens, wie man auf der Webseite der Autorin nachlesen kann, haben die Dreharbeiten zur Verfilmung des ersten Falls von Vera Stanhope für das britische TV bereits im Herbst 2010 begonnen. Vera wird darin gespielt von Brenda Blethyn.

Meine Bewertung: 5 von 5 Punkte

:stern
Lesefratz
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