Kate Morton - Die fernen Stunden

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Kate Morton - Die fernen Stunden

Beitragvon patwelli » 15.04.2011, 17:33

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Die fernen Stunden: Roman
Kate Morton
Diana Verlag 2010-12-08 Gebundene Ausgabe 720 Seiten

Klappentext:

London 1930: Als die ersten Bomben auf die Stadt fallen, befindet sich die zwölfjährige Meredith mit einer Gruppe evakuierter Kinder auf dem Weg nach Kent. Dort soll sie Zuflucht bei einer fremden Familie finden. Staunend und eingeschüchtert zugleich zieht sie auf das herrschaftliche Milderhurst Castle, wo die siebzehnjährige Juniper mit ihren Zwillingsschwestern und ihrem Vater, dem bekannten Schriftsteller Raymond Blythe, lebt. Sie taucht ein in eine Welt der Geschichten und der Fantasie – bis ihre Eltern sie zwei Jahre später nach Hause zurückholen und der Kontakt zu Juniper unvermittelt abreißt. Meredith zerbricht beinahe am Verlust ihrer engsten Vertrauten, für den sie keine Erklärung findet. Nie ist sie nach Milderhurst zurückgekehrt, doch jetzt, Jahrzehnte später, führt eine geheimnisvolle Spur ihre Tochter Edie zu den alten Blythe Schwestern. Hinter den düsteren Schlossmauern kommt mehr ans Licht, als Edie sich je hätte vorstellen können – doch vielleicht ist es noch nicht zu spät, Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu versöhnen. Quelle: Diana

Meine Meinung:

Ein ehemaliger Postbote stirbt und auf seinem Dachboden wird ein alter Postsack gefunden. Zuverlässig, wie die englische Post nun mal ist, werden diese 50 Jahre alten Sachen noch ordnungsgemäß zugestellt, soweit wie es eben möglich ist. Auch Edies Mutter bekommt einen Brief, der sie sichtlich aufwühlt. Leider ist ihr Verhältnis nicht das Beste, darum geht ihre Mutter auch nicht näher auf den Inhalt des Briefes ein. Edie erfährt nur, dass er von einer alten Freundin aus dem Schloss Milderhurst ist, wo ihre Mutter während des Krieges evakuiert war. Edie kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn auch diese Tatsache war ihr bisher völlig unbekannt. Eigentlich genau wie ihre komplette Kindheit, ihre jugendlichen Träume und ihre Ziele, bevor sie Edies Vater geheiratet hat. Edie wird schmerzlich bewusst, dass ihre Mutter nicht schon immer ihre Mutter war, sondern einst ein Kind, genauso wie sie selbst. Als sie dienstlich in die Nähe von Milderhurst kommt, beschließt sie kurzerhand einen Abstecher zum Schloss zu unternehmen. Es ist der ehemalige Besitz von Raymond Blythe, einem Schriftsteller, der mit der wahren Geschichte vom Modermann einen Bestseller geschrieben hat. Dieses Buch war auch der Auslöser für Edies Literaturliebe, sie hat das Buch als Kind geliebt und ist mittlerweile als Verlegerin in einem kleinen Verlag tätig. Bewohnt wird das Schloss noch von den drei Töchtern Raymond Blythes, den Zwillingen Persephone "Percy" und Seraphina "Saffy", sowie deren jüngere Schwester, die Tochter seiner zweiten Frau, Juniper. Alle drei haben nie geheiratet und auch nie das Schloss verlassen, lediglich Juniper hat eine Zeitlang in London gelebt. Dort traf sie einen jungen Mann, Thomas, den sie heiraten wollte, der aber zum verabredeten Zeitpunkt nie ankam, um ihre Verlobung zu feiern. Durch diese Zurückweisung ist ihre Geistesgestörtheit, die nachweislich in der Familie liegt, vollends durchgebrochen und ihre Schwestern haben sie nie im Stich gelassen.

Edie lernt die drei bei ihrem Besuch auf dem Schloss kennen, neugierig möchte sie hinter die Familiengeheimnisse schauen, eben weil auch ihre Mutter involviert ist. Die Geheimnisse allerdings sind gut gehütet, Edie entdeckt zwar Hinweise, erst einmal aber nicht mehr. In Rückblicken erzählt Kate Morton die Geschichte, abwechselnd lässt sie Percy, Saffy, Juniper, Meredith und Tom zu Wort kommen. So gewährt sie den Lesern umfassende Einblicke in die einzelnen Charaktere, ihre Gedanken, Vorlieben und Wünsche werden detailliert ausgebreitet. Zwischendurch kommt dann immer wieder Edie zu Wort, die sich auf eine abenteuerliche Reise in die Vergangenheit begibt, behindert durch starke Schutzpanzer, die über Jahre hinweg aufgebaut wurden.

Kate Morton macht es ihren Lesern diesmal nicht leicht, das Buch hat so gar nichts von der Faszination ihrer vorherigen Werke "Das geheime Spiel" und "Der verborgene Garten". Ließ sie doch grade im letzteren eine fulminante Anlage vor dem inneren Auge entstehen, so verpufft diesmal jeder Ansatz in der Langatmigkeit. Sie lässt sich viel Zeit bei der Einführung ihrer Charaktere, ständig wiederholende ausufernde Beschreibungen von Gedanken und Gefühlen lassen den Leser entnervt vorblättern. Geschieht dann doch mal etwas, zieht es die Leser durch ihren durchaus fesselnden Stil sofort in den Bann, um dann doch anschließend wieder in Belanglosigkeiten auszulaufen. Schade um das verschenkte Potential, ihre Sprachgewalt, die bei dem Herrenhaus angebracht wäre, versinkt rudimentär. Ihre Charaktere sind unausgegoren und wirken unsympathisch. Percy ist besserwisserisch und bestimmend, sie nimmt das Leben ihrer Schwestern in die Hand und erwartet komplette Unterordnung. Saffy und Edie sind verzagt und geben ihr Leben gerne in die Hand von anderen, Ängste bestimmen ihr Dasein und sie lassen sich viel zu schnell von negativen Ereignissen herunterziehen. Juniper wurde von Anfang an verhätschelt, ihr Geist bewegt sich in anderen Sphären, sie war noch nie lebenstüchtig. Edies Mutter Meredith ist zickig und unwirsch, Gefühle zu zeigen liegt ihr nicht. Erst zum Ende hin nähern sich die beiden etwas an, dann gelingt es auch Edie endlich, sich mal durchzusetzen und die Erfüllung ihrer eigenen Wünsche zu realisieren. Aber bis dahin ist es ein weiter, langweiliger Weg. Der Modermann ist die zentrale Figur in dieser Geschichte, er untersteht einer ganz eigenen Faszination und seine Geheimnisse, die er zum Schluß offenbart wirken dann nur noch weit hergeholt und von Kate Morton mit aller Gewalt zusammengeschustert. Einzig das stimmige Cover ist ein großer Pluspunkt, eine kräftige Kürzung würde das Buch mit Sicherheit noch einmal beleben. Denn ihr Stil ist angenehm und anschaulich, die Beschreibung des Schlosses lässt Sehnsüchte in jedem aufleben, man hört zaghaft die fernen Stunden, die in den alten Mauern vor sich hinseufzen.

Fazit

Verschrobene, sperrige Charaktere machen es dem Leser nicht leicht, Zugang zu dieser Geschichte zu finden. Ständig zaudern sie, vergeben Chancen und reden einfach nicht miteinander. Viel zu langatmig wird eine Geschichte ausgebreitet, bei der sich die Faszination einfach nicht einstellen will. Kate Morton versucht mit einer weiteren Story in einem englischen Herrenhaus an ihre vorherigen Erfolge anzuknüpfen, was ihr diesmal ziemlich misslingt. Wer die anderen Bücher noch nicht kennt, bekommt einen Plot mit ein paar altjüngferlichen Schwestern geliefert, die ihr Leben nicht gelebt haben. Zusätzlich ein altes, romantisches englisches Herrenhaus, an dem und seinen Bewohnern beträchtlich der Zahn der Zeit nagt.


Von mir gibt es lediglich 2 von 5 Punkten - ich habe mich fürchterlich gelangweilt.

LG
Patty

:stern
Meine verwendeten Bilder habe ich entweder selbst erstellt oder sie kommen von dieser Seite

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