Wendy Webb- Insel der Schatten

...wenn es denn mal etwas anderes als ein Liebesroman sein soll;)

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Wendy Webb- Insel der Schatten

Beitragvon Lesefratz » 06.07.2011, 13:28

Wendy Webb- Insel der Schatten
Verlag: Blanvalet/TB
Originaltitel: The Tale of Halcyon Crane
Erscheinungsdatum: 06/11
ISBN: 978-3-442-37563-9
Genre: Para-Mystery

Bild
Insel der Schatten: Roman
Wendy Webb
Blanvalet Taschenbuch Verlag 2011-06-21 Taschenbuch 384 Seiten

Klappentext: (quelle: blanvalet)

Ein schicksalhafter Brief und ein unerwartetes Erbe führen Hallie James auf die Spuren ihrer Vergangenheit und die kleine Insel Grand Manitou im Süden Kanadas. Dort lebte bis vor Kurzem die berühmte Fotografin Madlyn Crane – Hallies Mutter –, von der sie glaubte, sie sei seit über dreißig Jahren tot. Mitten im November kommt sie auf der von Unwettern umtosten Insel an, wo düstere Familiengeheimnisse warten, denen sich die junge Frau nun stellen muss. Und auch die Liebe geht seltsame Wege auf dieser Insel …

Meine Zusammenfassung:

Hallie James fällt aus allen Wolken als sie eines Tages das Schreiben eines Rechtsanwaltes mit Sitz auf der Insel Grand Manitou bekommt, in dem ihr mitgeteilt wird, dass ihre Mutter, eine angesehene Starfotografin verstorben ist.
Hallie wuchs allein bei ihrem Vater auf, der seine Tochter stets in dem Glauben ließ, ihre Mutter wäre schon seit langer Zeit tot.
Als Hallie ihren Vater, der schwer an Alzheimer erkrankt ist, nach Madlyn Crane befragen will, kann dieser ihr leider nicht mehr helfen und verstirbt kurz nach ihrem letzten Gespräch.
Und so macht sich die allein stehende Hallie, auch um sich vom Kummer über den Tod ihres Vaters zu erholen und abzulenken, auf nach Grand Manitou um mehr über ihre leibliche Mutter herauszufinden.
Dort angekommen erfährt sie, dass der Rechtsanwalt ein ehemaliger Spielkamerad von ihr ist, doch seltsamerweise hat Hallie keinerlei Erinnerungen an ihre Kindheit auf der Insel.

Will hat jedoch noch weitere Neuigkeiten für sie. Hallie ist die Alleinerbin des Vermögens ihrer Mutter. Zudem hat sie auch den Familiensitz auf der Insel geerbt, den sie jedoch auf ausdrücklichen Wunsch der Verstorbenen niemals verkaufen darf.

Das Anwesen entpuppt sich als Traumhaus und Hallie ist zunächst glücklich etwas Eigenes zu besitzen, doch dann geschehen unerklärliche Dinge im Haus. Immer wieder begegnen Hallie geisterhafte Erscheinungen und sie hört aus allen Ecken Kinderstimmen schallen.
Zunächst zweifelt die junge Frau an ihrem Geisteszustand, doch als sie die betagte Haushälterin Iris kennen lernt, die schon für ihre Großmutter arbeitete und diese Hallie, unheimliche Familiengeschichten erzählt, beginnt sie zu verstehen, dass sie zunächst ihre Vergangenheit kennen bzw. wieder aufarbeiten muss, um in diesem Haus glücklich zu werden. Zum Glück hat Hallie Will, der ihr bei ihren Nachforschungen zur Seite steht und ihr Halt gibt…

Meine Einschätzung:

Schaut man sich die Covergestaltung des Romans an, glaubt man zunächst man halte einen typischen Frauenroman oder vielleicht sogar eine Familiensaga in Händen. Doch obwohl durchaus die Geschichte einer Familie erzählt wird, ist „Insel der Schatten“ in erster Linie ein sehr unterhaltsamer Mystery- Roman, in denen Geister und Hexen ihr Unwesen treiben. Dieser Roman ist jedoch keinesfalls vergleichbar mit den zur Zeit sehr gefragten Para-Romances- es ist eher eine Art Grusel/Schauerroman, den ich kaum zur Seite legen konnte, weil ich unbedingt erfahren wollte, wieso Hallie keinerlei Kindheitserinnerungen mehr besaß, was es mit der rätselhaften Greisin Iris und Hallies Vorfahren auf sich hatte und vor allem warum Hallies Vater damals mit seiner Tochter Hals über Kopf von der Insel flüchtete und nie wiederkehrte, obwohl Hallies Mutter Madlyn seine große Liebe war.

Die Autorin erzählt eine interessante und rätselhafte Geschichte, in dessen Fokus ihre Heldin Hallie steht. Hallie brennt darauf, mehr über ihre Familie zu erfahren- man erfährt dass sie bereits geschieden ist und trotz ihrer Einsamkeit Angst davor hat, sich neu zu verlieben. Doch darüber hinaus widmet sich Webdy Webb leider mehr der geisterhaften Story als dem Ausarbeiten ihrer Romanfiguren und obwohl, bzw. weil ich mich ansonsten sehr gut von diesem Roman unterhalten gefühlt habe, fand ich es umso trauriger, dass sie dagegen die Charakterisierung ihrer Haupt und Nebenfiguren ein wenig vernachlässigt hat. Hallie und Will blieben mir auch im Verlauf der Handlung einfach zu blass und zu stereotyp beschrieben- ich fand daher keinen rechten Zugang zu ihnen und hatte weniger das Gefühl mittendrin im Geschehen zu sein, als eher eine spannende Erzählung zu verfolgen, aber dennoch gefühlsmäßig außen vor zu sein.
Dennoch ist mein Kritikpunkt weniger einschneidend, als man vielleicht annehmen könnte, denn man wird dafür mit einer Gänsehaut erzeugenden Gruselgeschichte belohnt. Die Autorin spart hier nicht mit den passenden Zutaten als die wären: ein ungeklärter Mord an einem Kind, einer mystischen Insel auf der Geister ihr Unwesen treiben und undurchsichtigen Inselbewohnern. Besonders atmosphärisch dicht fand ich auch die einzelnen Geschichten über Hallies Familie, die Haushälterin Iris zum Besten gibt und die Stück für Stück die Wahrheit ans Licht bringen.

Die Liebesgeschichte zwischen Will und Hallie ist zwar sehr nett, doch sie hätte für meinen Geschmack ebenfalls ein wenig mehr Raum zur Entfaltung haben dürfen- allerdings spielt auch diese nur eine untergeordnete Rolle.

Meine Bewertung: :kreisch :kreisch :kreisch :kreisch von 5 Punkten

:stern
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Re: Wendy Webb- Insel der Schatten

Beitragvon patwelli » 28.08.2011, 17:06

Man fühlte sich an die Zeit zurückversetzt, in der die Romantic Fantasy ihren Anfang nahm. Einige werden sich mit Sicherheit noch an die Gaslicht Hefte erinnern, Familiensagen mit einem Hauch Übersinnlichen. Und genau das hat Wendy Webb hier auch geschafft, ein bisschen Gaslicht und Victoria Holt in einem neuen zeitgenössischen Gewand. Das Ganze ist auch noch ungemein fesselnd geschrieben, durch die klare Satzstruktur will man einfach nur wissen, was es mit Hallies Familie auf sich hatte. Warum musste sie fliehen, wer sind die Geister in ihrem Haus und wer ist eigentlich wirklich ihre Familie? Alles ist kurz und knapp, von Ausschmückungen hält die Autorin nicht viel - und das erhöht halt auch die Spannung. Man weiß genau, dass ständig etwas passiert, sonst wäre das Buch ja noch dicker. Allerdings fehlt dazu dann leider auch die Tiefe der Charaktere, sie sind einfach nur Randfiguren einer Familiensage. Manche Handlungen erscheinen äußerst unlogisch, die von Hallie einfach nicht hinterfragt werden. Man hat eh den Eindruck, dass sie gar nicht so auf die Auflösung erpicht ist, denn außer der geisterhaften Haushälterin Iris zuzuhören kommt von ihr wenig. Auch als sie über ihr Alter nachdenkt, nimmt sie das einfach so hin, der Leser erwartet aber irgendwie mehr von ihr. Will verhält sich ihr gegenüber großartig, er nimmt sie ernst und nicht erst, als er selbst in Bedrängnis gerät. Aber alles andere bleibt leider irgendwie außen vor, Nebencharaktere bleiben Nebencharaktere, die zum passenden Zeitpunkt auftauchen, um die Handlung voranzutreiben.

Man muss sich aber auch bei diesem Buch im Klaren sein, dass es eine große Anzahl an Willkür enthält, bei der die Autorin einfach zum Faktor Mystery greift, um Handlungen zu erklären. Wer auf eine logische Aufklärung hofft, wie irgendwelche undurchsichtigen Drähte oder versteckte Kameras oder Lautsprecher, der sollte hier nicht zugreifen. Geister führen hier ein Eigenleben, sie greifen ins Geschehen ein und dienen auch zur Auflösung von Geheimnissen. Das wirkt manchmal ein bisschen zu einfach - irgendwie hat man hinterher den Eindruck von nichts Halbem und nichts Ganzem. Zuwenig Mystery für Fantasy, zuviel Mystery für eine abgerundete Familiengeschichte. Eine übersinnliche Gabe bei der Protagonistin, die sie allerdings nicht zu nützen versteht - und auch für die Geschichte nicht zu nützen lernt. Trotzdem entwickelt das Buch einen interessanten Sog, man nimmte es freudig wieder in die Hand, da man weiß, es passiert wieder etwas, unnützes Geplänkel ist hier kaum vorhanden. Leider hätte man allerdings auch etwas mehr von einigen Charakteren erwartet, auch die Auflösung einiger Handlungsstränge ist einfach zu unspektakulär. Aber wenigstens werden sie aufgelöst, wobei das Ende auch wiederum einen fahlen Nachgeschmack beinhaltet, da hat sich die Autorin eine zu gewollte Situation ausgedacht.

Mir hat es aber gefallen, und die Atmosphäre auf dieser vorsintflutlichen Insel ist einfach unbeschreiblich, was die Geschichte noch zusätzlich abrundet. Eine Insel, auf der Pferdekutschen fahren und das Handy keinen Empfang hat, ein Insel, zu der die Fähre nur einmal in der Woche kommt, eine Insel mit alten, großen und gruseligen viktorianischen Häusern und deren Geschichte. Alleine das Setting ist schon ein riesiger Pluspunkt. Familiengeschichten mag ich sowieso und die Verstrickung von Vergangenheit und Gegenwart ist auch gelungen. Die Gaslicht Romane hab ich früher verschlungen und Victoria Holt geliebt - so war es auch ein bisschen nach Hause kommen, ein leichtes Abtauchen in den Lesespaß der Vergangenheit.

LG
Patty
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Re: Wendy Webb- Insel der Schatten

Beitragvon mallory » 10.01.2012, 21:59

Ich bin von diesem Buch leider sehr enttäuscht. :sad War anfangs noch ein gewisses Gruselpotential da, als Hallie Ertrinkende sah wo keine sein konnten und geisterhafte Handabdrücke auftauchten wenn man ohnehin schon sensibilisiert war, so plätschert das Buch nun, nach zwei Dritteln nur noch so vor sich hin. Für mich passiert einfach nicht genug. Der Ich-Erzählstil ist sehr sachlich gehalten, so dass ich zu keiner der Personen eine Beziehung aufbauen kann, auch nicht zur Erzählerin und die Familiengeschichten finde ich auch nicht wirklich spannend oder gruselig. Wenn ich nicht wissen wollte wer denn nun tatsächlich das Mädchen umgebracht hat, dann würde ich ohne Probleme das Buch jetzt abbrechen. :???:
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Re: Wendy Webb- Insel der Schatten

Beitragvon mallory » 11.01.2012, 21:58

So, ich habe das Buch nun beendet, weiß was passiert ist - und habe bis zum Schluss keine Spannung und keinen Grusel empfunden. Das Buch ließ mich absolut kalt und ich habe mich über weite Strecken eher gelangweilt. :???: Das liegt allerdings nicht an der Geschichte, sondern am Erzählstil der Autorin. Wendy Webb lässt ihre Ich-Erzählerin berichten, als würde sie jemandem etwas erzählen, das sie selbst nicht betrifft. In trockenem, sachlichem Stil erzählt Hallie davon was ihr auf der Insel passiert und lässt die Geschichten, die ihr die seltsame Iris von ihren Vorfahren erzählt an sich vorbeifluten. Angeblich ist sie davon berührt, doch man merkt es leider nicht.
Auch mich hat gestört, dass sie nichts wirklich hinterfragt.
patwelli hat geschrieben:Manche Handlungen erscheinen äußerst unlogisch, die von Hallie einfach nicht hinterfragt werden. Man hat eh den Eindruck, dass sie gar nicht so auf die Auflösung erpicht ist, denn außer der geisterhaften Haushälterin Iris zuzuhören kommt von ihr wenig. Auch als sie über ihr Alter nachdenkt, nimmt sie das einfach so hin, der Leser erwartet aber irgendwie mehr von ihr.

Am deutlichsten wird das wenn Hallie mit Iris an einem schönen Tag im Garten sitzt und von ihr ihre eigene Geschichte erzählt bekommt und plötzlich wird Hallie bewusst, dass sie bis zu den Waden im Schnee steckt und ein Schneesturm geht. Iris ist verschwunden. Mit Müh und Not kommt Hallie zurück ins Haus, findet dort Will vor und einen Topf mit Eintopf auf dem Herd. Da Will ihn nicht gekocht hat muss es wohl Iris gewesen sein - die gerade eben noch bei strahlendem Sonnenschein mit ihr im Garten saß. :roll: Und dann ist sie im Schneesturm ins Haus gegangen, hat Hallie ihrem Schicksal überlassen und dachte sich, "ach, ich koch ihr mal einen Eintopf, falls sie bei dem Sturm nicht über die Klippe stürzt wird sie sicher was Warmes zu essen brauchen, und dann geh ich heim"? Spätestens hier sollte Hallie doch klar sein, dass die einfachste Erklärung nicht unbedingt die Richtigste ist. Aber nein, sie nimmt alles hin und fragt sich nie, warum etwas so ist.

Da ich das Buch absolut enttäuschend fand kann ich leider nur - und die auch nur für die Idee und das Setting -

2 von 5 :lesen vergeben. :sad
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