Rostfrei von Steffi von Wolff

Liebesromane mit Witz, Sarkasmus und starken Frauen

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Rostfrei von Steffi von Wolff

Beitragvon Skiddo » 10.09.2008, 20:14

Rostfrei von Steffi von Wolff

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Rostfrei
Steffi von Wolff
Fischer (Tb.), Frankfurt 2008-07 Broschiert 320 Seiten


Inhalt:

Mein Name ist Juliane Knop. Heute bin ich 97 geworden. Seit 80 Jahren bin ich verheiratet. Seit 80 Jahren vergisst mein Mann unseren Hochzeitstag. Meinen Geburtstag würde er auch vergessen wenn nicht die Kinder und Enkel hier auftauchen würden, um nachzuschauen, wann ich meine Letzte Ölung bekomme. Aber den Gefallen tue ich ihnen nicht. Noch nicht.



Eigene Meinung:

Durchwachsen.
Juliane feiert ihren 97 Geburtstag und bekommt von ihren Kindern und Kindeskindern einen Treppenlift geschenkt. Und nein, sie freut sich nicht darüber, denn nötig hat sie den noch lange nicht. Auch ist der Geburtstag für ihre Kinder und Enkelkinder nur wieder ein Vorwand, sich bei ihr den Wanst vollzuhauen und zu gucken, wie vital die Mutter bzw Oma noch ist, denn deren Hab und Gut ist schon verplant und ihr Ableben wird deshalb sehr offensiv begehrt.
Und nach 80 Ehejahren fängt Juliane Knop 97j. endlich ein wenig das Denken an. Vorher hat sie sich rumschuppsen, schlagen, ausbeuten und demütigen lassen. Nachdem ihr Mann es später dann wiedereinmal auf die Spitze getrieben hat, weil sie ihm nicht pünktlich das Essen auf den Tisch gestellt hat (was er zum Glück nicht weiß ist, daß sie mit ihrer einzigen Freundin, der lesbischen Dorffrisörin, erfolglos einen Anwalt für ihre Scheidung aufgesucht hat) entschließt sie sich kurzfristig dazu, ihr altes Leben und ihre Familie hinter sich zu lassen.


Als gebohrene Hamburgerin, die jetzt in Schleswig-Holstein lebt, gefällt mir alleine die Lokation schon. Juliane lebt auf einem Bauernhof in Groß Vollstedt/S-H und flüchtet nach Hamburg. Und die Geschichte fängt auch sehr gut an und ist sehr temporeich. Aber das wird ihr auch zum Verhängnis, nach meiner Meinung. Anfänglich habe ich noch viel geschmunzelt, einmal auch herzhaft gelacht, aber irgendwann war ich dann doch nur noch vom Tempo genervt. Und von dem Chaos. Denn natürlich tritt Juliane nicht aus ihrem Landleben aus und rein in pure pralle Freiheit. Die hätte geplant werden müssen und Juliane plant leider gar nichts. Sie verlässt sich wieder nur auf andere, Zufallsbekanntschaften (zb dem jungen Mann Jason aus der Bahn, der Pathologe ist und sie nach einem Gespräch retten möchte) , die sie seit Minuten kennt und die dann wiederum jemanden kennen und gerät in immer verworrenere Ereignisse, die vielleicht lustig hätten sein können, wenn ich meinen Kopf hätte ausschalten können. Also komplett ausschalten, denn auf Sparflamme hatte ich schon gestellt. Immer wieder keimte leichtes Entsetzen und Fassungslosigkeit bei mir auf, teils auch einfach Wut, und immer wieder dachte ich mir, "lies drüber hinweg, lies drüber hinweg, wird gleich besser", wurde es aber nicht. Juliane lässt sich treiben, lässt sich von Versprechungen anderer immer wieder beruhigen und gerät in wirklich brenzlige Situationen, die ihr Leben und ihre Freiheit bedrohen. Und trotzdem macht es nie so wirklich KLICK in ihrem Kopf. Einzig, wenn es um Hausarbeiten und Kochkunst geht, ist ihre Arroganz fast nicht zu überbieten. Da räumt sie zb einmal ihrem monkähnlich pedantischem Retter die Wohnung auf, weil ja nur so eine alte Hausfrau weiß, wie man richtig aufräumt. Da werden die Küchenschränke mal eben aus und anders wieder eingeräumt, weil ja nur die alte Hausfrau weiß, wohin in einer "ordentlichen" Küche die Topfe gehören. Und das in einer fremden Wohnung! Da kriege ich leichte Aggressionen. Vor allem, weil Juliane dann das gute ererbte Geschirr ihres Retters in den Müll wirft und dabei zerstört, weil ihr das mal eben so in den Kopf kommt. Und sie auch noch zu dumm oder arrogant ist, sich die von ihr gegriffenen Reinigungsmittel anzugucken, was dazu führt, daß sie die Küche mit Autowachs "reinigt". Sie lässt sich auch nicht davon beirren, daß die Schränke, die natürlich nur von ihr als einzigst echter Hausfrau von innen ordentlich gereinigt werden können, trotz Reinigungsmittel (also Autowachs) und Einweichzeit schmierig werden. Oh Graus. Und als ihr Retter Jason dann nach Hause kommt und sich entsetzt das Ausmaß ihres Wirkens anguckt, ist sie bockig und beleidigt wie ein kleines Kind und sieht überhaupt nicht ein, daß sie einen Fehler, naja mehrere, gemacht hat und es angebracht wäre, sich zu entschulidigen.

Sie lässt sich durch unausgegorene Pläne ihrer Retter und anderer Zufallsbekanntschaften immer mehr in die Sch.... reiten und jedesmal erscheint plötzlich eine Lösung am Horizont, die sich im Nachhinein wieder als Katastrophe entpuppt. Ihr Retter Jason plant, Julianes Tod vorzutäuschen, um Juliane zu helfen, an das Geld ihres Mannes zu kommen. Was eigentlich ein Geheimnis sein soll, wird immer mehr Leuten erzählt, so daß zum Schluß so etwa ein Dutzend Leute bescheid wissen. Natürlich geht da wahnsinnig viel schief. Aber die Art und Weise, wie jedesmal wieder neue Lösungen an den Haaren herbeigezogen werden, nur um genau diese Lösung 20 Seiten später wieder zu einer neuen Katastrophe werden zu lassen, ist wirklich anstrengend für mich gewesen. Und die Auflösung aller Probleme ist für mich einfach hanebüchen.

Weil ich aber trotzdem einige Male Schmunzeln und Lachen musste, es eben eine Geschichte in meiner Heimat ist, zumindest der Anfang nicht schlecht ist und es zumindest leicht und recht flüssig zu lesen war, gebe ich schlußendlich

2 von 5 Punkten.

Vielleicht gibt es Menschen, die mit dem Buch wärmer werden, für mich war es verschwendete Zeit.

:stern
Zuletzt geändert von Skiddo am 11.09.2008, 06:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitragvon Drixi » 10.09.2008, 20:36

Danke für die Rezi!!
Das bestätigt ja total meine Meinung über die ersten ca. 150 Seiten.. ich hab mich so sehr auf das Buch gefreut weil ich die früheren Bücher der Autorin super fand (Bis auf "Reeperwahn", das fand ich auch schon dumm) aber habs irgendwann abgebrochen und es wartet noch darauf, weitergelesen zu werden. Bzw hab ich es momentan verliehen, aber wenn von dort auch so eine negative Meinung kommt werde ich mich wohl nicht nochmal da ransetzen!
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