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Nordlicht Nächte
Einzeltitel
Ankes Bewertung: 4,5 von 5 Punkten
Es schwingt durchaus auch eine gute Portion Standesdünkel mit, als Lady Jillian Blythe nicht zu gegebener Stunde bei ihrem Bruder erscheint, um sich an einen Kaufmann verschachern zu lassen. Vor allem aber geht ihr dieser „Braut aus dem Hochadel“ gegen „Geld“-Tausch gegen den Strich. Schließlich war es nicht sie, sondern ihr Vater, und nach ihm ihr Bruder, die das Familienvermögen verspielt haben. Also macht sie sich auf sich eine Anstellung, als Gouvernante zu suchen und findet diese bei dem russischen Fürstenpaar Katscharows, in St.Petersburg.
Was sie nicht ahnt, bzw. was sie nicht geschert hat ist, dass es jenem Kaufmann, Adair Stanham, keineswegs darum ging eine adelige Braut zu kaufen, sondern um Jillian als Frau zu werben.
Adair hatte sie zuvor, von ihr völlig unbeachtet, auf beim Jagdausflug „kennenlernt“ und sich in sie verliebt. Dass Jillian ihn so ungesehen ablehnt und vor seinem Antrag flieht, kratz an seinem Stolz. Dennoch treibt ihn nicht Rache hinter Jillian her, sondern sein Beschützerinstinkt. Und eine Mission: Jillian seinen Antrag persönlich vorzutragen.
Was für eine arrogante Zicke, war mein erster Eindruck von Lady Jillian Blythe, der Hauptfigur von Sophy Hester „Nordlicht Nächte“, einem Buch, und damit auch einer Autorin, auf die ich durch Nicoles "Happy End Buecher"-Rezension gestoßen bin.
Was für eine arrogante Zicke, zu denken, verspricht keinen guten Start für einen Roman. Und man sollte denken, dass ich damit nicht weit im Buch vorangekommen bin. Doch zu einem musste ich erkennen, dass ich mit meinem Urteil nicht besser dran war als Jillian und zum anderen hat mich Sophy Hester, mit ihrem wundervollen Erzählstil, vom ersten Satz an gepackt, sodass mir gar nicht möglich gewesen wäre mit dem Lesen aufzuhören.
„Nordlicht Nächte“ ist eine unaufgeregte Liebesgeschichte und ich meine das absolut positiv, die im Stile eines MyLady-Romans geschrieben ist. Dabei wird praktisch kaum Wert auf intime Szenen gelegt, sondern fast beiläufig in die Geschichte eingebaut; was ich im Übrigen sehr angenehm zu lesen fand.
Wie die Geschichte sind auch die Figuren eher unaufgeregt. Der Held der Geschichte, Adair Stanham, ist nahezu perfekt. Zum Glück lassen ihn kleine Zweifel und Unsicherheiten etwas menschlicher wirken; wäre das nicht gewesen, wäre er womöglich beinahe „unerträglich“ perfekt gewesen.
Jillian ist in ihrer Naivität etwas anstrengender, macht das aber durch ihre nachvollziehbare persönliche Geschichte und die Entwicklung, die sie durchmacht, wieder wett. So ist es fast ein bisschen ein Coming out of age-Roman, in dem eine junge, unbedarfte und in der Welt nur wenig bewanderte Frau, aufgrund eines Familienstreits, sich aus ihrem beengten Umfeld herausbewegt und sich daran macht die Welt kennen zu lernen. Dass sie dabei herzlich vorgeht, Neuem gegenüber offen ist und auch ihre Fehler anerkennt, macht sie umso sympathischer.
War es also zunächst Sophy Hesters Schreibstil, der mich für die Autorin und ihre Geschichte gefangen genommen hat, konnte sie mich, nach den ersten holprigen Begegnungen mit ihren Figuren, im Verlauf des Buches, ebenfalls mit ihren Charakteren überzeugen. Diese wurde nämlich, je mehr ich über sie las und je besser ich somit ihre Beweggründe und Denkweisen verstehen konnte, mit jedem Satz sympathischer und wuchsen mir immer mehr ans Herz.
Kurz gefasst: Eine atmosphärisch dicht erzählte, charakterlich fein gezeichnete und entspannte historische Liebesroman-Romanze, die vergnüglich, unterhaltsam und höchst kurzweilig zu lesen ist.