Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

LIROS, die in der Zeit des Rokoko und Biedermeier in England spielen

Moderatoren: mallory, Mondfrau, gini

Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon aimée » 21.06.2013, 15:26



Inhalt
Nach dem Tod ihres Mannes kämpft die junge Witwe Martha Russell darum, ihr Anwesen Seton Park zu behalten. Um ihren Anspruch darauf zu festigen, greift sie zu einer List: Mit dem attraktiven Lebemann Christopher Mirkwood will sie ein Kind zeugen, das sie als Erbe ihres verstorbenen Mannes ausgeben kann. Sie hätte jedoch nie vermutet, dass sie sich in Christopher verlieben könnte ...

(Quelle: Lyx Verlag)


Meine Einschätzung
Als Martha Russell nach dem Tod ihres Mannes erfährt, dass sein Anwesen an einen Cousin fällt, ist sie am Boden zerstört. So müssste sie nämlich nicht nur ihre begonnenen Charity-Projekte im Stich lassen, sondern auch die Dienerschaft von Seton Park - und der neue Mr. Russell hat vor vielen Jahren schon einmal zwei Dienstmädchen vergewaltigt. Also fasst sie einen kühnen Plan: sie überredet ihren Nachbarn Theo, einen Lebemann aus London, 30 Tage lang jeden Tag mit ihr zu schlafen, in der Hoffnung dass sie schwanger wird und so das Anwesen doch noch an sie (bzw. das Kind) fällt. Zunächst scheinen die beiden ein unvereinbares Paar zu sein, doch langsam kommen sie sich näher.

"Ein unsittliches Angebot" ist Grants Debutroman und sie legt damit einen sehr guten Start hin. Zuerst einmal muss gesagt werden, dass Christopher eigentlich Theo heißt, da hat der Verlag einen Fehler gemacht. Theo ist der klassische verzogene Adelssprössling, der nach eigener Ansicht (und der aller anderen) "nichts kann" und von seinem Vater zur Strafe für seine Ausschweifungen auf eins der Familiengüter verbannt wird. Dort soll er mit dem Verwalter zusammenarbeiten und sich bessern. Martha ist das genaue Gegenteil, etwas spröde, sehr korrekt und bieder. Auf den ersten Blick wirkt sie etwas unzugänglich, dieser Eindruck hat sich bei mir aber schnell revidiert und ich konnte mich mit ihr anfreunden. Sie kämpft für die Rechte der Frau und ist eben weil sie so wenige Rechte hat, auch so "verbittert". Anfangs haben sich die beiden garnichts zu sagen, doch Theo merkt immer mehr dass die Welt auf dem Land, vor allem für die Pächter, nicht immer idyllisch ist und beginnt sich für Innovationen und Verbesserungen zu interessieren. Martha unterstützt ihn dabei, zunächst um aus ihm "einen besseren Menschen zu machen", doch bald schon lernt sie ihn als das zu respektieren was er ist.

Was mir besonders gut gefallen hat an diesem Roman ist dass die Charaktere unglaublich viel miteinander reden. Der Sex ist ziemlich teilnahmslos, weil Martha Theo nicht erlaubt "sie zu verführen". Erst mit der Zeit wird sie lockerer. Doch nach jedem "Akt" reden sie immer noch und so ist es auch letztendlich, wie sie sich ineinander verlieben.
Der Schreibstil ist absolut hervorragend, genauso wie die extrem gut recherchierte Rahmenhandlung, die den Leser mit den Problemen der armen Landbevölkerung Mitte des 19. Jahrhunderts konfrontiert. Die Tatsache, dass die Hauptpersonen nicht sofort Feuer und Flamme sind, wunderbaren Sex haben und letztendlich über das Körperliche zum Seelischen kommen, fand ich super. Hier ist es nämlich andersherum: sie lernen sich mögen und erst dann wird das Liebesleben auch befriedigend.
Ich ziehe einen kleinen Punkt ab, weil mir das Ende zu abrupt war, einen Epilog hätte ich mir schon gewünscht. Aber ingesamt ein sehr guter Debutroman!

4 von 5 Punkten

:stern
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon mallory » 21.06.2013, 17:04

Toll, danke, das Buch habe ich schon auf dem WZ und deine Rezi bestätigt diese Wahl nun noch! :klatsch
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon aimée » 21.06.2013, 17:56

Ich hoff es gefällt dir! ;) Auf amazon waren die Rezis eher gemischt, aber ich fands gut. Und das Cover ist mal wieder der Knüller :augen
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon mallory » 21.06.2013, 20:05

Ja, die neue Cover-Generation bei den historischen Liros finde ich auch wunderschön.
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon Marina G. » 22.06.2013, 08:29

aimée hat geschrieben:Die Tatsache, dass die Hauptpersonen nicht sofort Feuer und Flamme sind, wunderbaren Sex haben und letztendlich über das Körperliche zum Seelischen kommen, fand ich super. Hier ist es nämlich andersherum: sie lernen sich mögen und erst dann wird das Liebesleben auch befriedigend.


Genau, das hat den Roman für mich auch interessant gemacht. Deshalb ist das Buch gleich nachdem ich die LL Rezi gelesen habe auf meinen WZ gelandet.
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon Anke » 31.10.2013, 20:56

@aimée: Ich gebe dir in allen Punkten recht; ja ich habe sogar noch einen Punkt daraufgelegt und 5 von 5 Punkten für diesen absolut ungewöhnlichen Roman verliehen. ;)

Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass das Buch nicht bei allen gut ankommt, sondern ziemlich polarisierend ist. Aber wer nicht wagt - der nicht gewinnt. Also einfach ausprobieren ob der Roman gefällt oder nicht. Er ist es auf jeden Fall wert getestet zu werden. :augen

Rezi folgt...

LG Anke
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon aimée » 31.10.2013, 22:02

Anke hat geschrieben:@aimée: Ich gebe dir in allen Punkten recht; ja ich habe sogar noch einen Punkt daraufgelegt und 5 von 5 Punkten für diesen absolut ungewöhnlichen Roman verliehen. ;)

Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass das Buch nicht bei allen gut ankommt, sondern ziemlich polarisierend ist. Aber wer nicht wagt - der nicht gewinnt. Also einfach ausprobieren ob der Roman gefällt oder nicht. Er ist es auf jeden Fall getestet zu werden. :augen

Rezi folgt...

LG Anke


Ja das stimmt, es ist kein typischer Liro. Ich glaub man liebt oder hasst ihn, deshalb sind die Rezis wohl auch so unterschiedlich. Freut mich dass du ihn schön fandest!! :abklatsch
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon Anke » 10.11.2013, 13:37

Hier noch meine Bewertung:

Dass sich die Geister an Cecilia Grants "Ein unsittliches Angebot" scheiden dürften, wird klar, vergleicht man allein die Rezensionen zum Buch auf Happy End Buecher.

Ich zähle mich zu denen, die hingerissen sind, von diesem höchst ungewöhnlichen Debütroman. Er zählt für mich zu den Leseüberraschungen diesen Jahres und dass, obwohl weder sein Stil, noch seine Figuren, so leicht und beschwingt zugänglich sind, wie ich es eigentlich bei Liebesromanen bevorzuge.

Dabei es ist nicht so, dass ich die Kritik nicht durchaus nachvollziehen kann, die Figuren sind sperrig und die Geschichte wandelt durchaus auf den Abgründen von "haarsträubend unrealistisch". Und es ist nun mal ein schmaler Grat, der darüber entscheidet ob wir die gelieferten Erklärungen für das Handeln der Figuren und den Ablauf der Geschichte akzeptieren können oder nicht.

Letztendlich wird man sich jedoch nur ein Urteil bilden können, in dem man das Buch selber zu Hand nimmt.

Einer Georgette Heyer würdig, jedoch mit eindeutigen Komponenten eines modernen Romances durchzogen, legt die Autorin Cecilia Grant mit "Ein unsittliches Angebot" keinen locker, leichten im Regency spielenden Liebesroman vor, sondern eine Geschichte, die eher durch kleine Schmunzler, geschickte Redewendungen und höchst komplex gestrickte Figuren auffällt.

Die Beweggründe der Figuren für ihr Handeln, sowie ihr Charakter, haben sich mir nicht sofort erschlossen. Es brauchte eine ganze Weile, bis ich mich in die verkniffene und scheinbar gefühlskalte Witwe, Martha, mit der seltsam wankelmütigen Moral eindenken konnte. Auch den Helden des Buches, Theo, mit seiner Oberflächlichkeit und seinem fast schon befremdlichen selbstherrlichen Ego konnte ich anfangs ebenfalls nicht recht durchschauen.

Doch je mehr ich las, je besser ich die Figuren durch ihre kleinen und großen Gesten kennen lernte, desto mehr verstand ich ihr Handeln und verliebte ich mich in die Figuren.

Vielleicht liegt es daran, dass die Charaktere entfernt betrachtet flach und unbeteiligt erscheinen, weil sie wenig von sich selber, ihren Erfahrungen und ihrer Vergangenheit preisgeben. Als Leser muss man sich beim Kennenlernen ausschließlich auf ihr Handeln und Denken im "Hier und Jetzt" orientieren, was vor allem zu Beginn der Geschichte nicht einfach ist.

Deswegen behaupte ich, dass sich erst, wenn man versteht, wie die scheinbar langatmigen Unterhaltungen über Landwirtschaft, das spröde Verhalten der Heldin und die lockere Moraleinstellung des Helden und die mitunter sehr direkte Sprache zusammenhängen und miteinander funktionieren, einem der ganze Charme des Buches eröffnen wird und man dann auch den Witz des Romans genauso entdecken kann, wie seine unleugbar romantischen Seiten.

Kurz gefasst: Cecilia Grants "Ein unsittliches Angebot" ist eines der zwei Bücher (neben Joanna Bournes "Eine riskante Affäre"), die mich in diesem Lesejahr (bisher) wirklich zu überraschen und auf ihre unkonventionelle Art vollkommen zu überzeugen wussten.

5 von 5 Punkte
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon Betty » 13.12.2013, 11:07

Hat schon jemand Das Versprechen der Kurtisane gelesen?

LG Betty
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon Skiddo » 25.03.2014, 21:17

Heute mit wenigen Unterbrechungen habe ich Ein unsittlich Angebot gelesen.

Wow, ich bin begeistert :augen ok, es war wirklich etwas abrupt zu Ende, zumal ich mit ca 15 weiteren Seiten gerechnet habe. Aber die waren eine Leseprobe für die Kurtisane.

Eine wirklich schöne und ungewöhnliche Liebesgeschichte, die mir richtig ans Herz ging.

Trotz des abrupten Endes vergebe ich

5 von 5 Punkte
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon Scarlett » 29.01.2015, 20:34

Seit langem habe ich wieder mal einen Roman in einen Rutsch durchgelesen! Ich konnte den kaum beiseite legen, so gut hat er mir gefallen.
Ich fand die Handlung auch nicht unglaubwürdig, sondern sogar für möglich zu der damaligen Zeit!
:sternVon mir 5 Punkte :stern
Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen, glücklich zu sein :stern
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon Loewenzahn » 30.07.2016, 18:16

Okay, dann kommt jetzt mal die andere Seite :mrgreen:

Ich kann gar nicht begreifen, wie man auf das Buch solche Lobeshymnen singen kann :lol: . Habe mich schon lange nicht mehr so durch ein Buch gequält.

Mit beiden Protas kann ich mich absolut nicht identifizieren. Martha ist in ihrem Gutsein viel zu selbstherrlich und überheblich, in ihrem Bekehrerwahn nur nervig und anstrengend. Der "Lebemann" der sich sofort von ihr bekehren läßt, ist mir auch zu unecht. Es gibt ja Bücher, da ist es mir zuviel, wenn sie gleich und sofort füreinander entflammen und jede Sekunde übereinander herfallen, aber sorry, über Frauen die "es" über sich ergehen lassen und dabei "ans Vaterland denken" mag ich nix lesen :nein Und dabei fühlt sie sich dann schon wieder erhaben und nicht-sündig, weil sie nichts empfindet :roll: Ihn finde ich genauso unehrlich, weil er sich darauf einläßt und ihre Spielchen mitmacht. Der Typ wäre besser ab dem 3. Tag zuhause geblieben :roll:

Den Schreibstil der Autorin fand ich tödlich langweilig und die endlos Litaneien über die Landwirtschaft :gaehn , da wäre manches historische Sachbuch unterhaltsamer gewesen.

Immerhin habe ich es geschafft, das Buch zu Ende zu lesen, dafür

0,5 von 5 Punkten

Und es bleibt mal wieder das Fazit: Zum Glück für Autoren, sind die Lesegeschmäcker verschieden :zwinkern
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Re: Cecilia Grant - Ein unsittliches Angebot

Beitragvon Marina G. » 30.07.2016, 21:01

Mir hat der Roman auch nicht gefallen. :cool:
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