
The Devil's Waltz (Mira Historical Romance)
Anne Stuart
Mira 2006-02 Taschenbuch 384 Seiten
Ich habe zu Anne Stuart als Autorin eine besondere Beziehung, weil sie den ersten Historical geschrieben hat, den ich gelesen habe („Gefährliches Verlangen“). Den Roman habe ich als Schülerin aus der hiesigen Bibliothek geliehen und sollte ihn damals im Deutschunterricht als Beispiel für Trivialliteratur verreißen. Mit der Absicht ihn niederzumachen, habe ich ihn zu Hause aufgeschlagen, stattdessen jedoch blieb ich hängen und habe ihn während meiner Ausleihzeit vier oder fünf Mal gelesen. Außerdem hat Anne Stuart mit diesem Roman meine Schwäche für (fiktive) bad boys begründet. Denn – das finde ich auch heute noch- keine schreibt bad boys so gut wie Anne Stuart.
Inhalt
Genau so ein bad boy oder rake begegnet der Leserin in „The Devil´s Waltz“. Oh und wie „bad“ und rakishly großartig Christian Montcalm ist!
Aber zunächst zum Inhalt von „The Devil´s Waltz“: Anneliese Kempton ist eine nicht mehr blutjunge Frau aus wohlgeratenen Verhältnissen, die sich ihren Lebensunterhalt mit gesellschaftliche akzeptablen Beschäftigungen verdient. Gerade hat sie zugesagt, der 17-jährigen Hetty das Benehmen der guten Gesellschaft beizubringen. Hetty ist wunderschön, reich wie Krösus, aber leider mit dubiosem sozialem Hintergrund und Annaliese soll ihr den letzten Schliff verleihen. Soll sie doch einen Mann mit Titel ehelichen, was ihr zwar aufgrund ihrer riesigen Mitgift und Schönheit nicht schwer fallen sollte, aber mit dem richtigen Benehmen noch einfacher wird.
Der Richtige ist auch schon da- denkt Hetty. Annaliese sieht das vollkommen anders, denn es handelt es sich um Christian Montcalm Viscount von irgendwas und einen größeren Frauenheld, Schurken, Lebemann usw. gibt es kaum. Also tut sie alles um eine Annäherung der beiden zu verhindern.
Unglücklicherweise ist Christian Montcalm in der Tat ausgesprochen charmant. Und teuflisch gutaussehend. Dennoch scheut Annaliese weder Wort noch Tat, um die beiden voneinander fernzuhalten, was ihr den Spitznamen „Dragon“ einbringt, den Christian ihr bald liebevoll gibt. Denn obwohl er keinesfalls sein Ziel aus den Augen verliert, die schön Hetty zu ehelichen, kann er sich der Anziehung, den die spröde Miss Kempton auf ihn ausübt, nicht entziehen.
Bewertung/eigene Meinung
Wer Romane mag, in denen die Helden charmant-schurkisch, clever und manipulativ und (sagte ich es bereits?) charmant bis zum Abwinken sind und auch nicht nach der ersten Begegnung mit der Heldin nicht zu Kreuze kriechen und schleunigst alle Sünden bereuen und ihr Leben ändern- für den ist dieser Roman genau richtig.
Die Beziehung von Annaliese und Christian ist von Anfang an durch großartige Wortwechsel gekennzeichnet. Anne Stuart versteht es einzigartig ihren Helden „eine Stimme“ zu geben, die sowohl authentisch, als auch witzig und clever ist. Die Dialoge im Roman sind wundervoll! Und erinnern mich oft genug an Georgette Heyer. Nur moderner.
Dennoch ist Anneliese immer ein Geschöpf ihrer Zeit. Mit den Carrie Bradshaw- und Lorelei Gilmore-Verschnitten, die man dieser Tage oft genug in historischen Liros findet, hat Anneliese nichts gemein. Sie ist reserviert (aber freundlich und selbstbewusst), etwas konservativ (und wie sehr Christian es liebt sie zu schockieren!) und sehr standesbewusst- vielleicht sogar ein kleiner Snob. Dennoch eine sympathischere, clevere und „echte“ Heldin hab ich in einem historischen Liro schon lange nicht mehr gelesen.
Christian- was für ein Held! Er tut und sagt schockierende Dinge, er wickelt die Damen um den kleinen Finger, er ist manipulativ, ein bisschen gewissenlos, sehr gut aussehend (natürlich!), ungeheuer clever und ziemlich reuelos, was seine Absichten und Pläne angeht. Wunderbar! Endlich mal ein bad boy, den die Liebe nicht gleich in ein Kuscheltier verwandelt,- und bei dem glaubt, dass sie das auch niemals wird.
Vielleicht liegt genau da die Stärke von Anne Stuarts Liebesgeschichten. Denn die „Chemie“ zwischen Annelise und Christian ist deshalb mit dem Messer zu schneiden, weil man als Leserin weiß, dass beide Charaktere, obwohl verschieden, einander ebenbürtig sind. Annelise lässt sich im Grunde nie von Christian einschüchtern und umgedreht, packt Christian sie nicht in Watte, weil er weiß, dass sie keine kleines zartes Mäuschen ist, sondern eine starke Frau oder präziser: eine starke Persönlichkeit. Und wenn die beiden einander dann verfallen, tun sie das bedingungslos. (Übrigens, findet sich im Roman eine der schönsten Liebesszenen, die ich seit längerem gelesen habe).
Anne Stuart hat mit „The Devil´s Waltz“ einen vergleichsweise traditionellen historischen Liebesroman geschrieben, der durch brillante Charaktere, eine gut konstruierte Handlung und einfach wunderbarer Atmosphäre besticht. Ich hab in diesem Roman einen weiteren all-time-favourite gefunden und ich wünschte Anne Stuart würde mehr historicals schreiben.
Deshalb von mir 10 von 10 Punkten mit Sternchen!